Fred Cuny - Richard Butler
- Scott Ritter - Arthur
R.G. Solmssen: A Princess in Berlin
VORSCHLAG 1: Einzelkämpfer und Moderne Helden
-prämiert von Me,
Myself and Eye, Hamburg-
In einer einzelnen Sendung oder einer
Serie aussergewöhnliche Persönlichkeiten unserer Zeit vorstellen,
die individualistisch, und in der Regel gar nicht berühmt, mutig und
konsequent uneigennützig und unermüdlich für eine bessere
Welt arbeiten. Sie sind unbeabsichtigt Vorbilder und faszinieren daher
die Jugend in einer egoistischen Zeit.
von
Doubleday, 2000
(siehe auch: Frederick C. Cuny
und Richard B. Hill, Famine,
Conflict and Response : A Basic Guide, Kumarian Press, 1999)
"Er war ein körperlich großer
Mann, nicht weil er laut gewesen wäre (er war ein stiller Mensch),
oder rauh (er war zurückhaltend und empfindsam), sondern wegen der
Intelligenz und Hingabe, die er ausstrahlte. Und diese Eigenschaften kamen
einher mit einem wundervoll ansteckenden und schlauen Humor. Ich fragte
ihn einmal etwa, was auf aller Welt ihn in Gang halte, und er beschwor
eine Begebenheit von einer seiner frühesten Missionen herauf, in Biafra
in den frühen Siebzigern, wo er hingegangen war, um als Pilot bei
der Luftbrücke auszuhelfen (er war damals 24 Jahre alt). An einem
Tag, so erinnerte er sich, lenkte er sein baufälliges, voll beladenes
Flugzeug raus auf die schlammbedeckte Startbahn und schickte dem Kontrollturm
seine Anfrage um Starterlaubnis. "Warte, Red Cross Three", kam die Nachricht,
"bis dieses nächste Flugzeug gelandet ist." Während er jenes
Flugzeug in der Ferne im Landeanflug beobachtete, bemerkte er, wie einer
seiner Motoren Rauch rauswarf. "Dann sah ich einen weiteren Feuer fangen",
erinnerte er sich, "und dann einen dritten und schließlich alle vier.
Die Maschine stolperte in Richtung Landebahn, kippte und kam krachend auf
die Piste, brach auseinander und in Flammen aus, eine Schicht von kochendem
Feuer, die dicht neben meinem leerlaufenden Flugzeug vorbeiraste, den Rest
der Landebahn lang. Da kam über unsere Kopfhörer die rauhe Stimme
des Tower: 'Also, Red Cross Three: Start genehmigt.' Nichts blieb stehen,
man machte einfach weiter - und das ist's ziemlich genau, was Du machst:
... einfach weiter."
"Tschetschenien ist der beängstigendste
Ort, an dem ich jemals war." Aber dann endete Cuny -weil er Cuny war- seine
erschreckende Aufzählung mit den beiläufigen Worten: "Also, natürlich
mußte ich wieder hin." Er war damals (1995) erst 50 Jahre alt." Zurückgekehrt
ist er nicht mehr. ... In seinem Leben hat er buchstäblich Zehntausende,
wahrscheinlich Hunderttausende Leben gerettet.
Fred Cuny entwickelte sich zum
Experten im Erfinden von neuen Arten von Hilfsmissionen. Seine revolutionäre
Erkenntnis war, daß er Katastrophen als Möglichkeiten erkannte,
als Chancen für Gesellschaften, sich neu zu bilden. Besonders die
Ärmsten können neue Handlungsspielräume und -möglichkeiten
in sich entdecken. Konventionelle Hilfeleistungen, z.B. mit Nahrungsmitteln,
können die einheimischen Bauern in den Bankrott treiben und damit
dem Land eine neue Katastrophe zufügen.
Er hatte umfassende Kentnisse im
Bauwesen, der Wasserversorgung, der Medizin und jeder Art von Transportmitteln.
Er hatte genialen Einfallsreichtum, z.B. hat er in einer Gegend Äthiopiens
eine Hungersnot vermieden durch eine Manipulation des Wechselkurses in
einem mehrere hundert Kilometer entfernten Handelsort.
Cuny's Organisation, International
Technical Consultants in Emergency Management (Intertect), zog den Investment-Banker
und Philanthropen George Soros an. Er hat Intertect für fast ein Duzend
Projekte in Osteuropa angestellt, angefangen von der Aufsicht über
die Rehabilisierung der Schulen in Albanien bis zu einem Brennstoff-Hilfsprogramm
in Mazedonien. Auch die UN hatte Intertect einen Vertrag zur Beurteilung
von Katastrophen-Hilfsprogrammen in Bangladesh übertragen.
Soros vergibt Hunderte Millionen
von Dollar, nicht nur um gesellschaftliche Fehlentwicklungen zu beeinflussen.
Er -wie Fred Cuny- empfindet die Verpflichtung, Gesellschaften zu verändern
(G. Soros,
Who
lost Russia, New York Review of Books, April 13, 2000: "The collapse
of the Soviet empire in 1989 and the Soviet Union in 1991 offered a historic
opportunity to transform that part of the world into open societies; but
the Western democracies failed to rise to the occasion and the entire world
has to suffer the consequences." ). Er hat in Rußland eine Foundation
gegründet, die die Wissenschaften und Universitäten fördert.
Hier sind einige wenige Stationen
von Cuny's Leben:
-
1969: Biafra
Im Sommer 1969, mit 24 Jahren, besucht
er die westafrikanische Nation Dahomey, die Basis für die Luftbrücke
nach Biafra.
-
1970: Bangladesh
Er arbeitet mit bei Hilfsprojekten
nach einem der tödlichsten Wirbelstürme der Geschichte.
-
1976: Guatemala
-
Er stellt schnell fest, daß die
Hilfe, die Guatemala braucht, Reparatur der Straßen ist, sodaß
die nicht verwüsteten Landesteile beim Wiederaufbau helfen können.
Das würde die Wirtschaft der ganzen Region verbessern. Diese Arbeiten
mußten so vielen Menschen des Landes dringend notwendige Arbeit und
Ausbildung geben wie möglich. Erdbeben sind häufig in diesem
Land, weshalb es solche einheimischen Fachkräfte auf Dauer braucht.
Ebenso brauchen die Menschen Häuser, die zukünftigen Erdbeben
besser widerstehen. Cuny und seine einheimischen Berater entwickeln Muster
dafür, einige kann man leicht auf- und abbauen und damit in entlegene
Dörfer tragen.
-
Nachdem das Program anfänglich
ein Riesenerfolg zu versprechen scheint, entwickelt sich daraus eine neue
Generation von einheimischen Führungspersönlichkeiten, Verfechtern
eines autonomen Lebens, einer Selbstverwaltung, die das dortige Machtgefüge
bedroht. Dieses hinwiederum bildet Todesschwadrone gegen sie aus. Es folgen
erschreckende Massaker, die Cuny veranlassen, in Zukunft politisch vorausschauender
vorzugehen, sich besser der möglichen Opposition bewußt zu werden.
-
Winter 1991: Kurdistan
-
1/2 Million Kurden fliehen vor Saddam
Husseins Truppen in die Wüste. Innerhalb von 2 Monaten blufft er -im
Kontakt mit dem US-Außenministerium, aber ohne dessen Genehmigung-
die irakischen Truppen aus dem Land und führt die Kurden zurück.
-
Somalia
-
Er empfiehlt den USA (der Bush-Regierung)
und den UN, sie sollen ihre Hilfsbasen auf dem Land errichten, die Städte
den einander bekämpfenden Warlords überlassen. Diese ländlichen
Friedenszonen würden ins ganze Land ausstrahlen.
-
Sarajevo
-
Mit einem Abzweig von der serbischen
Gasleitung nach Belgrad baut er eine Gas-Versorgung in Sarajewo auf.
Zehntausende können wieder Heizen und Kochen, ohne beim Suchen nach
Brennmaterial in Hinterhalte zu laufen.
-
Er läßt in Texas eine 200
m lange Wasseraufbereitungsanlage herstellen, einfliegen und in einem Straßentunnel
zusammensetzen. Damit kann er einen großen Teil der Stadt mit Trinkwasser
versorgen. Aus Untätigkeit der bosnischen Regierung gegenüber
Korruption (z.B. dem Handel mit Trinkwasser) wird die Anlage erst 8 Monate
nach ihrer Fertigstellung angeschaltet.
-
März 1995: Cuny's International
Crisis Group (IGC) steht kurz vor der Gründung
-
IGC ist eine Beratergruppe, zusammengesetzt
aus einigen der Welt fähigsten Experten auf dem Gebiet der humanitären
Hilfe, die unabhängige Untersuchungen durchführen würden
in Gegenden, wo Unglück sich anbahnt. Sie würden den USA, der
UN und privaten Hilfsgruppen berichten, um vorbeugendes Eingreifen zu koordinieren.
Im ICG Steuerkommittee war eine beeindruckende Reihe internationaler Persönlichkeiten
versammelt, darunter Desmond Tutu, Elie Wiesel, George Soros.
-
1995: Tschetschenien
VORSCHLAG 2:
Whistleblower
"Whistleblower" nennt der Amerikaner
jene, die - meist in ihrem beruflichen Umfeld - Gefahren und Fehlsteuerungen
ihres Arbeitgebers feststellen und die Öffentlichkeit darauf hinweisen,
nachdem die innerbetrieblichen Kanäle versagt haben. Sie entscheiden
sich dazu im Konflikt zwischen Gefahr um den Arbeitsplatz und persönlichen
Nachteilen einerseits und ihrer Verantwortung ihrer Aufgabe gegenüber
andererseits. Die amerikanischen Gesetzte zum Schutz der Umwelt schützen
ausdrücklich den Whistleblower (z.B. Clean Air Act, Clean Water Act,
Toxic Substances Control Act, Resources Conservation and Recovery Act,
Atomic Energy Act, alle aus den späten 1970'ger Jahren). Solch ein
Schutz ist in den entsprechenden deutschen Gesetzen nicht zu finden, obwohl
z.B. das deutsche Atomgesetz dem Atomic Energy Act nachgebildet wurde.
Iraq, Weapons of Mass Destruction And
the Global Crisis of Security
Solving the Iraq Problem
(siehe auch Khizhir Hamza: Saddam's
Bombmaker, Scribner, 2000)
Zwei aus der Reihe dieser Menschen
haben im Auftrag der UN gearbeitet: Richard Butler, Leiter der United Nations
Special Commission (UNSCOM) und Scott Ritter, Chef-Waffeninspektor. Beide
sind sehr besorgt über die unzureichende Kontrolle der Verbreitung
von biologischen, chemischen und nuklearen Massenvernichtungswaffen. In
den Jahren 1999 und 2000 haben beide die Weltöffentlichkeit mit ihren
Polit-Thrillern "Threat" und "Endgame" überrascht. Richard Butler
enthüllt uns das Tauziehen der internationalen Diplomatie. Scott Ritter
nimmt uns mit auf die Inspektionen. Wir erleben grauenhaften Zynismus und
lebensgefährliche Konfrontationen, aber auch die Tragik vielseitiger
Culture Clashs, d.h. der Konflikte zwischen der arabischen, der angelsächsischen,
der französischen, russischen und chinesischen Kultur, und -auf einer
den Nationalitäten übergeordneten Ebene- zwischen diplomatischem
und technisch-wissenschaftlichem Denken und Handeln. Zuweilen sind die
Abläufe aber auch ausgesprochen komisch. Butler und Ritter haben schriftstellerisches
Talent und faszinieren uns mit den Farben menschlicher Charaktere, individuellen
Versagens oder menschlicher Größe in schwieriger Lage und der
Freude nach Gelingen engagierter Arbeit. Dies sind Romane einer neuen Art
und Zeit, in dem Sinne, daß ihre Verfasser Multitalente sind: Fachleute
auf ihrem Arbeitsgebiet und ausgezeichnete Unterhalter.
Dies ist der Hintergrund: Die Nationen
dieser Welt sind heute in einem Zustand, in dem z.B.die deutschen Kleinstaaten
im Mittelalter waren: Als Folge der Verbindungen durch Handel, Wissenschaft
(und heute Industrie und Internet) bilden sie eine Gemeinschaft. Das Bewußtsein
der Politiker (wie der Völker) ist aber noch geprägt von der
Zeit, in der sie isoliert waren: Es gibt keine Organisation der Staaten
untereinander, die -vergleichbar der mächtigen rechtlichen Organisation
der Bürger innerhalb eines Staates- eine Verfassung erarbeiten und
sie dann gegen Einzelinteressen durchsetzten könnte.
Man hat zu diesem Zweck die UNO gegründet.
Aber die internationale Diplomatie sieht die Ächtung des Massenmords
nicht als vorrangiges Ziel an, als eines das der traditionellen Politk
übergeordet wäre. Im oben angestellten Vergleich mit unserer
innerstaatlichen Verfassung würde im analogen Fall vor unseren Gerichten
der Mord als Mittel der Auseinandersetzung anerkannt.
In der Einleitung seines Buchs stellt
Richard Butler uns ein Szenario
vor, das die Bedeutung des Themas anschaulich macht und zeigt, daß
Angriffe nicht mehr nur von Raketen oder Flugzeugen aus geführt werden
müssen:
Nehmen wir an, die UN-Waffeninspektion
im Iraq käme irrtümlicherweise zu dem Ergebnis, der Iraq habe
keine Massenvernichtungswaffen mehr. Saddam Hussein würde sich entschließen,
einen Terrorangriff mit einem Giftgas zu unterstützen: Das Gift würde
von den Attentätern auf einem zentralen Platz einer Großstadt
mittels Zerstäuber aus dem Baumarkt versprüht. Dagegen kann sich
kein Land schützen, und ebenso wäre die Art der Antwort darauf
unklar. Sollte man unschuldige Iraker Zivilisten zur Vergeltung umbringen,
und wie wirkungsvoll wäre das? Aber wie besonnen kann eine Regierung
reagieren, wenn der Ärger in der Bevölkerung überhand nimmt,
wenn er z.B. durch Parteien angeheizt wird?
Die internationale Gemeinschaft ist
an ihre Grenzen gestoßen: Drei der permanenten Mitglieder des Sicherheitsrats
der UN, dem gesetzgebenden und ausführenden Gremium bei der Abrüstung
des Irak, haben beschlossen, Saddam's Brüche internationalen Rechts
zu akzeptieren. Der UN-Generalsekretär Kofi Annan unternahm es, die
Krise mit diplomatischen Mitteln anzugehen, losgelöst vom internationalen
Recht und der wissenschaftlich-technischen Basis.
Richard Butler und Scott Ritter entlassen
uns nicht mutlos: Ihre Teams haben während ihrer Arbeit von vielen
-im wesentlichen amerikanischen- Friedens- und Konfliktforschungsinstituten
fachlichen Rat erhalten (eine Auswahl findet man hinter
diesem Link). Gestützt auf diese Erfahrungen schlagen sie Wege
aus der Gefahr vor, die uns an Lösungen nach dem 2. Weltkrieg, an
das Dayton-Abkommen und an den Friedensschluß im Kosovo erinnern.
Das macht uns schmerzlich deutlich,
wie schwach die wissenschaftliche Unterstützung der Politik in Deutschland
ausgebildet ist, wie gewissen- und perspektivlos deutsche
Politik
und Wirtschaft und wie hilflos deutsche Medien im Vergleich zu den
amerikanischen
daher sind.
VORSCHLAG 3: Literaturverfilmung
-von Me,
Myself and Eye angenommen zur Bearbeitung-
von
Arthur R.G. Solmssen
Little, Brown & Company,
Boston/Toronto 1980
Deutsche Ausgaben unter dem Titel:
Berliner Reigen,
S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main
1981 und Aufbau Verlag, Berlin/Weimar 1984
Schauplatz ist das Berlin der Weimarer
Republik von 1922/23. Aufruhr herrscht in der Deutschen Hauptstadt nach
dem Ende des I.Weltrkriegs. Das Proletariat ist auf den Straßen,
die Rote Fahne schwenkend. Private Armeen, zusammengesetzt aus arbeitslosen,
defätistischen Soldaten und Offizieren - Freikorps - ziehen durch
Berlin, auf der Suche nach gewaltsamen Auseinandersetzungen. In radikaler
neuer Musik, Theater und Kunst zeigt sich die brodelnde, gehässige
und nervöse Energie der Menschen. Eine die Wirtschaft lähmende
Inflation ungekannten Ausmasses bestimmt das Leben einer hungrigen Bevölkerung,
ein Teil derer sich der Verzweiflung und dem Opportunismus hingibt. In
den Villenvierteln am Wannsee und im Grunewald glauben aristokratische
und grossbürgerliche Familien, ihr Leben in Überfluss weiterführen
zu können.
Dies ist der farbgige Hintergrund,
vor dem sich 'A Princess in Berlin' (Volltext-Version: http://www.acamedia.info/literature/princess/A-Princess_In_Berlin.htm)
entfaltet, ein grosser Gesellschaftsroman des Amerikaners Arthur R.G. Solmssen
in Fontanescher Tradition.
Peter Ellis, ein junger Amerikaner
aus einer Quäker-Familie in Philadelphia, hat bei Kriegsbeginn 1914
sein Studium der Medizin in den USA unterbrochen, um an der aliierten Front
in Frankreich als Sanitäter zu helfen. Wir erleben in einer kurzen
Episode, wie er 1916 einem Piloten der Gegenseite das Leben rettet (dem
Deutschen Christoph Keith), und erfahren später im Roman, daß
er einen Teil des Kriegs mit Bombenschock in einer französischen Nervenklinik
verbracht hat, wo er mit der Malerei begann. Die Malstudien will er in
Berlin fortsetzen. Die Stadt, abgebrüht und verführerisch zugleich,
zeigt ihm eine frivole Gesellschaft à la Otto Dix und George Grosz,
angesiedelt in prunkvollen Hotels, in den Kneipen der Friedrichstrasse,
den Hinterhöfen der Arbeiterviertel, in aristokratischen Residenzen.
Als Ausländer ungebunden an
soziale Schichten, lebt Peter in zwei ganz gegensätzlichen Welten:
in der Bankiersfamilie Waldstein und in Neukölln, wo er bei Fritz
Falke, einem Schüler Max Liebermanns, Malerei studiert. Falkes Kunst
und Leben ergeben sich mit Zynismus dem Unglück, während die
Quäker in den Arbeitervierteln z.B. mit ihren Suppenküchen
in anteilnehmender Menschlichkeit ihr uneigennütziges Engagement entfalten,
wie sie es in vielen Teilen der Welt bis heute tun. Historisch authentisch
sind auch eine Reihe von anderen Persönlichkeiten im Roman, z.B. die
Familie Mendelssohn, Mitglieder der Weimarer Parteien und Regierung (z.B.
Karl Helfferich, der Führer der Deutschnationalen Volkspartei, Reichskanzler
Joseph Wirth), Rathenaus Mörder (Erwin Kern, Hermann Fischer, Ernst
Werner Techow- und ihr Helfer, der Schriftsteller Ernst von Salomon), Heinrich
Tillessen (der Mörder Matthias Erzbergers -Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens
1918-). Peter Ellis trifft Hermann Göring, Max Liebermann und den
deutschen Aussenminister Walther Rathenau, dann Bert Brecht.
Peter beobachtet die deutsche Entwicklung
mit der Klarheit, die aus der Distanz zwischen der deutschen und amerikanischen
Kultur erwächst. Wie in Falkes Bildern zeigen sich in Berlin die gefährlichen
Seiten des deutschen Charakters, die Verärgerung, unterschwellige
Aggressivität, Feindseligkeit, Verbitterung, Gehässigkeit und
Unzufriedenheit. Walther Rathenau wird von vielen als Verräter und
jüdischer Intellektueller gehasst und verachtet. Trotz ihrer Trauer
(und zuweilen Mutlosigkeit) versuchen Menschen wie er die Politik und die
sozialen Spannungen in Deutschland zu moderieren, die polarisierten Seiten
einander näher zu bringen, sie zu lösen aus verhängnisvoller
Fixierung in einer Kultur des sorglosen Theoretisierens und der Abneigung
gegenüber praktischem Handeln in unübersichtlicher Lage.
Peter möchte das menschliche
Chaos von Falkes Bildern nicht übernehmen. Statt dessen sprechen seine
Bilder so direkt und mit Präzision von Liebe, Wärme, Kraft und
menschlicher Schönheit, daß Liebermann sie schätzt. Ebenso
selbstverständlich hilft Peter seinen Freunden.
Helena, eine Tochter der Familie
Waldstein ("die Prinzessin") und Christoph Keith, ihr Ehemann, unternehmen
mit Peters Hilfe große Anstrengungen, den Mord an Rathenau zu verhindern.
Beide sind Vertraute und Freunde Rathenaus. Im dramatischen blutigen Höhepunkt
wird Walter Rathenau ermordet. Von demselben Freikorps werden wenig später
Helena und Christoph erschossen. Auch Peter wird bei diesen Schüssen
schwer verletzt. Bezeichnenderweise spielt die Lebensgefahr, in der er
in Berlin -wie damals 1916 in Verdun- schwebt, in seinem Bewußtsein
und Gefühl keine Rolle. Es gibt für ihn keine Worte dafür,
ebenso wie seine Bilder die Sprache Falkes nicht kennen.
Um sein Studium in den USA wieder
aufzunehmen, verläßt er traurig ein Berlin, das seine Heimat
geworden war.
Es ist ein fesselnder Roman mit einer
packenden Handlung an historischen Schauplätzen. Die bewegende Geschichte
ist in ihrer Stimmung ähnlich der Verfilmung von Christopher Isherwoods
'Berlin Stories', die als 'Cabaret' mit Liza Minelli in der Hauptrolle
ein Weltklassiker wurden. 'A Princess in Berlin' übertrifft 'Cabaret'
aber um ein Vielfaches an Dramatik durch die Einbettung historischer aufwühlender
Ereignisse in die Handlung und die Vielfalt und das Kaliber ihrer Protagonisten.
Wir stehen mitten in einer Gesellschaft, wo politisch und intellektuell
bedeutende und ungewöhnliche Persönlichkeiten einen uneigennützigen
idealistischen Kampf übernommen haben, dem die obere gesellschaftliche
Klasse in bequemen Korbstühlen auf Gartenparties genüßlich
unbeteiligt und nihilistisch kommentieren. Andere kämpfen um ihre
nackte Existenz. Eine bewegende Liebesgeschichte ist ebenfalls Teil der
Handlung.
Nach 50 Jahren Dornröschenschlaf
ist Berlin wieder in Mode, besonders bei jungen Leuten. Mit dem neuen Hauptstadtstatus
rücken seine Stadtviertel, Plätze, Straßen und historischen
Schauplätze wieder in den Vordergrund. Auch ist durch die Wiedervereinigung
der beiden Deutschlands ein neues Interesse an der deutschen Geschichte
vor 1933 zu beobachten. Dokumentationen über Preussen und historische
Persönlichkeiten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts findet man
nicht mehr nur in Arte und Phoenix (Aktuelles Beispiel: Spielfilm über
das Leben der Preussischen Königin Luise in RTL).
Der Kontakt zum Autor kann über
uns hergestellt werden.
Der geschichtliche Hintergrund findet
sich in Form von Links in der
amerikanischen
Zusammenfassung. |