Pilzgifte im Apfelsaft: Informationen und Links

zusammengestellt von Marianne Steenken und Jochen Gruber


Wie wir in den letzten Tagen in Erfahrung gebrachtÊhaben, kann unser naturtrŸber Apfelsaft Pilzgifte, insbesondere Patulin, enthalten. Vermehrt tritt das Pilzgift in faulen Stellen der €pfel auf, und daher haben wir von Anfang an nur Šu§erlich einwandfreie €pfel verwendet, die wir von unseren BŠumen geschŸttelt und maximal zwei Tage danach vermostet haben. Trotzdem beobachten wir eine interessante Entwicklung:Ê


  1. In den ersten Jahren (1997 - 2002) wurden unsere €pfel in einer anfangs nagelneuen Anlage gemostet. Wir haben in diesem Zeitraum insgesamt mehr als 2000 Liter Apfelsaft hergestellt und gelagert. Selbst am Ende dieses Zeitraums erschien und schmeckte der Inhalt von keiner einzigen Flasche verdorben.Ê
  2. In den darauf folgenden 2 Jahren verdarben j‰hrlich wachsende Anteile des gemosteten Apfelsafts.
  3. Nach mehrfachem Wechsel der Mostereien bis 2017 blieb der Anteil an nach einem Jahr verdorbenem Apfelsaft bei 25 - 30 %.Ê
  4. In diesem Jahr (2018) verdarb zu unserer †berraschung schon nach einem Monat etwa die HŠlfte des Apfelmosts - auch in den FŠllen, in denen der Apfelsaft in fabrikneue Flaschen gefŸllt worden war.


Den Endpunkt (d) dieser Entwicklung habt Ihr an dem Apfelsaft beobachten kšnnen, den wir Mittendrin bereitgestellt haben.


Wir Ÿberlegen nun, ob wir weiterhin aus unseren €pfeln gewonnenen Saft trinken mšgen.


Im Anhang findet Ihr Information, die wir zum Nachdenken zusammengestellt haben.



=================== ANHANG =======================


1. Verderbender Apfelsaft

Anders als im Jahr 2017 ist in diesem Jahr (2018) schon etwa die HŠlfte des Apfelsafts einen Monat nach dem Mosten, d.h. am 26.10.2018, sichtbar verdorben. Wir meinen, das an folgenden Erscheinungen feststellen zu kšnnen. Sie treten in verschiedener StŠrke einzeln oder gemeinsam auf:


  1. Spuren von (wei§em) Schimmel an der SaftoberflŠche,
  2. im Saft schwebendes Pilzgeflecht, das beim Durchsieben des Safts im Sieb hŠngenbleibt,
  3. Verschwinden der TrŸbung im Saft. Der Saft wird also klar durchsichtig.


2. Der Pilz Byssochlamys

Die Fachstelle Obst Beeren und Rebbau von INFORAMA Oeschberg, des schweizerischen Bildungs-, Beratungs- und Tagungszentrums in Bern hat 2005 unter dem Titel "Hitzeresistente Schimmelpilze" die VerŠnderung von Apfelsaft durch den Schimmelpilz Byssochlamys untersucht. Die Autoren schreiben:


"Allerdings werden durch die relativ milde Hitzebehandlung die Sporen von hitzeresistenten Schimmelpilzen nicht inaktiviert, sondern deren Keimung aktiviert. Die Sporen wandeln sich in die vegetative Zellform um und kšnnen sich vermehren."


ErklŠrung:

vegetative Fortpflanzung


Ich nehme an,Êdieser Pilz liegt auch in unserem Apfelsaft vor.Ê


3. Das Pilzgift PatulinÊ

Pilze entwickeln sich aus Sporen. Sporen gibt es Ÿberall, sie entwickeln sich aber nur unter geeigneten Umweltbedingungen in Pilze. Die Pilze entwickeln dann bei ihrem Stoffwechsel Pilzgifte (Mykotoxine).


Relevant fŸr Apfelsaft ist das PilzgiftÊPatulin.


3.a Eigenschaften (nach Wikipedia)

3.b Wirkung von Erhitzen


3.c Meine Arbeitshypothese

Eine mšgliche ErklŠrung fŸr die Ergebnisse unserer Experimente (siehe "6. Experimente") wŠre die Hypothese: Durch  Erhitzen Ÿber 83 Grad stellt man im Apfelsaft ein Millieu her, in dem sich die Sporen nicht in den Pilz umwandeln kšnnen.


Ich gehe davon aus, dass die Erscheinungen 1. - 3. optisch unterscheidbare Stadien einer kontinuierlichen Pilzentwicklung sind. Vielleicht gibt es schon vor den optisch erkennbaren Entwicklungsstadien 1. - 3. ein Spektrum von Eingangsstadien der Pilzentwicklung, in denen der Pilz mit freiem Auge noch nicht erkennbar ist. Dann kšnnte auch dieser unsichtbare Pilz Patulin freisetzen.Ê


4. EU-Grenzwert fŸr Patulin in Apfelsaft

Angesichts dessen hat die EU-Kommission eine Verordnung herausgegeben:

VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 DER KOMMISSION vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Hšchstgehalte fŸr bestimmte Kontaminanten in Lebensmittelhttps://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006R1881n


In ihr wird fŸr Patulin in Apfelsaft eine maximale Konzentration von 50 Mikrogramm Patulin pro kg Apfelsaft angegeben. Die diesem Grenzwert zugrundeliegende wissenschaftliche Basis ist dasÊrecht beliebige ALARA-Prinzip:ÊAs Low As Reasonably Achievable.


Deswegen sollte jeder fŸr sich entscheiden, ob das fŸr seinen vorliegenden Fall ausreicht.Ê


5. Meine subjektive Zusammenfassung

Bevor man naturtrŸben optisch einwandfrei aussehenden Apfelsaft trinkt, muss man fŸr sich auf -wie uns scheint- ungesicherter toxikologischer Basis die Frage beantworten:Ê


Akzeptiere ich eine mšgliche Patulin-Belastung unbekannter StŠrke durch diesen Apfelsaft in der Annahme, dass Saft nicht schŠdlich ist, solange

  1. er ebenso aussieht wie unmittelbar nach dem Mosten
  2. keine Substanz hŠngenbleibt, wenn man den Saft durch ein Sieb gie§t?


6. Experimente mit am 26.9.2018 hergestelltem Apfelsaft

Der Saft wurde auf Ÿber 83 Grad nacherhitzt und dadurch haltbarer gemacht. Wir werden beobachten, wie lange der nacherhitzte Apfelsaft haltbar ist.


Experiment 1

Zustand am 27.10.2018

Am Tag nach dem Vermosten (27.9.2018) wurden die mit Apfelsaft gefŸllten original verschlossenen Flaschen

  • im Wasserbad Ÿber einen Zeitraum von 5 Stunden so langsam erhitzt, dass die Temperatur innerhalb und au§erhalb der Flaschen gleich war.


Nach Erreichen der Endtemperatur (in diesem Beispiel 83 Grad, in weiteren Beispielen 85, 86 und 88 Grad) wurden

  • alle Deckel kurzzeitig zum Druckausgleich gešffnet und
  • die Flaschen im Wasserbad Ÿber 8 Stunden auf Zimmertemperatur abgekŸhlt.


Dieses Experiment wurde an 24 Flaschen durchgefŸhrt.







Ergebnis

Inhalt aller 24 Flaschen war optisch beurteilt noch im Originalzustand unmittelbar nach dem Vermosten.


Experiment 1a

Zustand am 27.10.2018

Am Tag nach dem Vermosten (27.9.2018) wurden die mit Apfelsaft gefŸllten  Flaschen gešffnet, infiziert:


  • P: Infektion mit Pilzgeflecht aus Apfelsaft von 2017
  • F: Infektion mit Apfelsaft von 2017, der Pilzgeflecht enthŠlt


und im Wasserbad Ÿber einen Zeitraum von 5 Stunden so langsam erhitzt, dass die Temperatur innerhalb und au§erhalb der Flaschen gleich war.


Nach Erreichen der Endtemperatur von 85 Grad wurden

  • alle Deckel kurzzeitig zum Druckausgleich gešffnet und
  • die Flaschen im Wasserbad Ÿber 8 Stunden auf Zimmertemperatur abgekŸhlt.


Dieses Experiment wurde an diesen 6 Flaschen durchgefŸhrt.


Ergebnis

Impfen mitÊ

(*) Pilzgeflecht oderÊ

(*) Apfelsaft mit Pilz(sporen)Ê

fŸhrte zu praktisch identischen Ergebnissen, d.h. das Nacherhitzen hat die Pilzvermehrung unterdrŸckt (Stand 26.10.2018)


Details:

(*) Inhalt von 5 Flaschen war optisch beurteilt noch im Originalzustand unmittelbar nach dem Vermosten.

(*) In einer mit verdorbenem Apfelsaft geimpften Flasche war der Apfelsaft klar, d.h. der Schwebstoff hatte sich komplett abgesetzt. Nach SchŸtteln war der Inhalt dieser Flasche optisch nicht mehr vom Inhalt der anderen geimpften Flaschen zu unterscheiden.



Experiment 2

Zustand am 27.10.2018

Am 26.10.2018 (Tag des Vermostens: 26.9.2018) wurden die mit Apfelsaft gefŸllten original verschlossenen Flaschen

  • im Wasserbad Ÿber einen Zeitraum von 5 Stunden so langsam erhitzt, dass die Temperatur innerhalb und au§erhalb der Flaschen gleich war.


Nach Erreichen der Endtemperatur (in diesem Beispiel 92 Grad, in weiteren Beispielen 89, 91 und 93 Grad) wurden

  • alle Deckel kurzzeitig zum Druckausgleich gešffnet und
  • die Flaschen im Wasserbad Ÿber 8 Stunden auf Zimmertemperatur abgekŸhlt.


Dieses Experiment wurde an 24 Flaschen durchgefŸhrt.







Ergebnis

  • Das Ergebnis war bei 23 Flaschen gleich und optisch beurteilt noch im Originalzustand unmittelbar nach dem Vermosten.
  • Der Inhalt einer Flasche wurde nach etwa einer Woche klar, ohne dass Anzeichen von Pilz zu erkennen waren. Der ausgefallene Schwebstoff lie§ sich durch SchŸtteln wieder gleichmŠ§ig in die Schwebe bringen.


Probe 1

Zustand am 27.10.2018


Typischer Zustand von etwa 50 % des am 26.9.2018 hergestellten Safts:

  • optisch ununterscheidbar vom Saft unmittelbar nach dem Vermosten am 27.9.2018
  • Šhnliches Erscheinungsbild wie bei 2017 hergestelltem und nicht verdorbenem Saft

Probe 2

Zustand am 27.10.2018


Typischer Zustand von etwa 50 % des am 26.9.2018 hergestellten Safts:

  • wei§er Schimmelpilz an SaftoberflŠche
  • teilweise im Saft schwebendes Pilzgeflecht
  • Šhnliches Erscheinungsbild wie bei 2017 hergestelltem und verdorbenem Saft



Anhang



Versionen: 1.11.2018, 7.1.2019, 1.2.2021

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