dena-Leitstudie "Aufbruch Klimaneutralität"

Deutsche Energie-Agentur GmbH (Hrsg.)

2021

mit Gutachten aus

Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI)

Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) MünchenInstitut für technische Gebäudeausrüstung (ITG) Dresden

Jacobs University Bremen

Stiftung Umweltenergierecht

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie

Auszüge

... wir [sehen] jeden Tag ..., was alles in Bewegung ist und wie viele neue Ideen und Optionen es gibt. Die dena-Leitstudie bietet eine Perspektive auf diesem Weg – eine von verschiedenen möglichen Perspektiven. Wir beanspruchen nicht, Patentrezepte zu liefern. Auch nach dem Abschluss dieses Projekts wollen wir unvermindert im intensiven Austausch mit vielen Akteuren bleiben, um uns über Lösungen auszutauschen.

Bei aller Zuversicht bleibt allerdings ein großes „Aber“: Die jahresscharfen Sektorziele des aktuellen Klimaschutzgesetzes werden wir in den ersten Jahren nicht einhalten können. Zu viel ist in der Vergangenheit liegen geblieben, an zu vielen Stellen müssen wir nun erst neue Dynamik aufbauen. Bei aller Entschlossenheit und wachsender Geschwindigkeit brauchen wir also auch Geduld miteinander. Nichts wäre schlimmer, wie wenn wir all die Chancen und Perspektiven verstolpern, weil wir uns selbst nicht vertrauen bei der Umsetzung all dessen, was nun angegangen werden muss.

... [D]urch die Erhöhung der Zielvorgaben [im novellierten Klimaschutzgesetz 2021] ist die Diskrepanz zwischen den mit den derzeitgen Instrumenten erreichten Entwicklungen und den zur Errechung der Klimaziele notwendigen Veränderungen eher noch größer geworden. Alle Akteure, gesellschaftlichen Gruppen und alle Branchen sind in diesem Prozess der Transformation zu einem klimaneutralen Energie- und Wirtschaftssystem mit enormen technischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen konfrontiert.

... Das [im novellierten Klimaschutzgesetz 2021] ausgedrückte Klimaschutzverständnis und die daraus abgeleiteten sektoralen Vorgaben und Instrumente bilden die Grundlage für Analysen und Modellierungen im Rahmen der dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität. Die Studie zeigt anhand eines zentralen Szenarios (Szenario Klimaneutralität 100, KN100), wie die Sektorziele im Jahr 2030 und Klimaneutralität im Jahr 2045 erreicht werden können und welche Energieträger hierbei in welchen Mengen benötigt werden.

... Es gilt nun die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen und wesentliche Maßnahmen einzuleiten, um Innovationen und Investitionen zu fördern und den Weg zur Klimaneutralität zu einer klimapolitischen und wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte zu machen.

Das Erreichen von Klimaneutralität im Gesamtsystem stützt sich in der dena-Leitstudie auf 4 Säulen:

1. einem hohen Ambitionsniveau bei Energieeffizienz,
• Gebäudesektor (Kap. 6): Erhöhung der Sanierungsrate bei allen Gebäudetypen um 0.1%/a auf 1.9%/a
• Industrie (Kap. 7): Effizienzgewinne und Prozessumstellungen verringern Energiebedarf um 21% [im Vgl. zu 2021)
• Verkehr (Kap. 8): Elektromobilität
2. der umfassenden direkten Nutzung von erneuerbaren Energien,
• Nettostrombedarf [Bruttostrombedarf] im Energiebereich:
• 513 TWh (2018),
• 617 [698] TWh (2030),
• 724 [910] TWh (2045)
• grüner Wasserstoff: 88 TWh/a
3. dem breiten Einsatz von Powerfuels
• 70 TWh (2030), 226 TWh (2045)
• zusätzlich
• 130 TWh (2045) Rückverstromung
• 105 TWh (2045) nicht-energetische Verwendung in Industrie
4. der Erschließung von natürlichen und technischen CO2-Senken
• -2 bis -6 Mio. t CO2 (2030) bis zu
• -24 bis -41 Mio. t CO2 (2045)

• -43 Mio. t CO2 (2050)

Abb. 2: Der dena-Reduktionspfad (aus Abbildung 1) führt mit etwa 50%TCRE-Wahrscheinlichkeit zu 1.7°C Erderwärmung.
Der Fächer von Linien (TCRE-Fächer) gibt Auskunft darüber, mit welcher TCRE-Wahrscheinlichkeit Reduktionen der jährlichen deutschen Kohlenstoff-Emissionen zu 1.7°C Erderwärmung führen.
Beispiel: Wenn Deutschland seine jährlichen Kohlenstoff-Emissionen entlang der Fächerlinie 90 am rechten Rand des roten Dreiecks reduziert, erfüllt es das 1.7°C-Ziel mit 90%TCRE-Wahrscheinlichkeit. Diese Aussage beruht auf drei weitgehend beliebigen Annahmen, die sich auf zwei IPCC-Reports stützen.

• Der IPCC-Report SR15 definiert das TCRE-Modell als mögliches einfaches Modell, mit dem man die Erderwärmung aus der globalen kumulativen Kohlenstoff-Emission abschätzen kann.
• Der 5. Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe 3 des IPCC (IPCC WG3 AR5) schlägt im Chapter 6, Abschnitt 6.3.6.6 unter anderem vor, dass die Staaten das verbleibende globale Kohlenstoff-Emissionsbudget auf Untergruppierungen nach dem Prinzip Equal Per Capita (EPC) aufteilen könnten.

Die drei Annahmen, nach denen aus der deutschen kumulativen Kohlenstoff-Emission eine Erderwärmung berechnet wird, sind damit:

1. Die Erderwärmung wird mit dem TCRE-Modell aus der globalen kumulativen Kohlenstoff-Emission berechnet.
2. Die deutsche kumulative Kohlenstoff-Emission ab dem Jahr 2020 (B_d) wird nach dem EPC-Aufteilungsmodell in eine äquivalente globale kumulative Kohlenstoff-Emission B_g umgerechnet.
   B_g = 100 B_d
   mit 100 = Weltbevölkerung (= 8 10⁹ Menschen) / deutsche Bevölkerung (= 80 10⁶ Menschen)

3. Deutsche Kohlenstoff-Emissionen vor dem 1.1.2020 bleiben unberücksichtigt.

Dem entsprechend führt der dena-Pfad mit etwas über 50%TCRE-Wahrscheinlichkeit zu 1.7°C Erderwärmung.

Version 8.1.2022
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Joachim Gruber