Unerwünschte Vorkommnisse bei Kinder-Impfstoffen

Nachweis von Ursächlichkeit

(English Original)

Institute of Medicine (US)

Vaccine Safety Committee;

Stratton KR, Howe CJ, Johnston RB Jr., editors.

Washington (DC): National Academies Press (US); 1994.


Contents


2 Kausalität und Evidenz

1 Kausalität

1.1 Definitionen

Das Konzept der Kausalität ist von kardinaler Bedeutung in der Gesundheitsforschung, in der klinischen Praxis und in der öffentlichen Gesundheitspolitik. Es liegt auch im Herzen des Auftrags dieses Ausschusses: kausale Schlussfolgerungen zu ziehen über die Beziehung zwischen Impfstoffen, die routinemäßig an Kinder in den Vereinigten Staaten verabreicht werden, und mehreren spezifischen gesundheitlichen Ergebnisse. Trotz ihrer Bedeutung ist die Kausalität aber kein Konzept, das einfach zu definieren oder zu verstehen ist (Kramer und Lane, 1992). Betrachten wir zum Beispiel die Beziehung zwischen dem Impfstoff x und dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Bedeutet die Aussage "Impfstoff x verursacht GBS", dass

  1. alle Personen, die mit Impfstoff x immunisiert werden, GBS entwickeln,
  2. alle Fälle von GBS durch Exposition gegenüber (d.h. Kontakt mit) dem Impfstoff x verursacht werden oder
  3. gibt es mindestens eine Person, deren GBS durch Impfstoff x verursacht wurde oder werden wird?


Die erste Interpretation entspricht dem Begriff einer hinreichenden Ursache: Impfstoff x ist eine hinreichende Ursache für GBS, wenn alle Impfstoff-x-Empfänger die Krankheit entwickeln.


Impfstoff x ist eine notwendige Ursache für GBS, wenn die Krankheit nur bei den Impfstoff-x-Empfängern auftritt (zweite Interpretation oben).


Obwohl die Vorstellung, dass eine "richtige" Ursache sowohl notwendig als auch hinreichend sein muss, Kochs Postulaten der Kausalität zugrundeliegt (siehe Glossar in Anhang C), so wird heute allgemein anerkannt, dass für die meisten Exposure-Outcome-Beziehungen die Exposition (d.h. die vermeintliche Ursache) weder notwendig noch hinreichend ist, um das Ergebnis zu verursachen (dritte Interpretation oben).


Mit anderen Worten, die meisten gesundheitlichen Ergebnisse von Interesse haben multifaktorielle Ätiologien.


Ein gutes Beispiel ist koronare Herzkrankheit (KHK). Es wurde deutlich gezeigt, dass Rauchen, Bluthochdruck, Bewegungsmangel und hohe Serum-Cholesterinspiegel alle ursächlich mit der Entwicklung von KHK zusammenhängen. Dennoch entwickeln viele Menschen mit einem oder mehreren dieser Risikofaktoren keine KHK, und einige Fälle von KHK treten bei Personen ohne irgendwelche der Risikofaktoren auf. Die meisten der vom Komitee untersuchten unerwünschten Ereignisse haben multifaktorielle Ätiologie.


1.2 Arten von Kausalfragen

Die Kausalbeziehung zwischen einem Impfstoff und einem gegebenen unerwünschten Ereignis kann in drei verschiedenen Fragestellungen betrachtet werden (Kramer und Lane, 1992):

  1. Kann er? (Potentielle Kausalität, Can It?): Kann der Impfstoff das unerwünschte Ereignis verursachen, zumindest bei bestimmten Menschen unter bestimmten Umständen?
  2. Hat er? (Retrodictive Kausalität, Did It?): Nehmen wir an, eine Person habe den Impfstoff erhalten und das unerwünschte Ereignis entwickelt: War dann das Ereignis durch den Impfstoff verursacht?
  3. Wird er? (Prädiktive Kausalität, Will It?): Wird die nächste Person, die den Impfstoff erhält, das unerwünschte Ereignis wegen des Impfstoffs erleben? Oder gleichwertig: Wie häufig werden Impfstoffempfänger das unerwünschte Ereignis als Folge des Impfstoffs erleben?


Jede dieser Kausalitätsfragen hat eine etwas andere Bedeutung, und für jeden gibt es verschiedene Bewertungsmethoden. Im folgenden Abschnitt wird eine Frage nach der anderen erörtert, und zwar in Bezug auf die Frage, wie sie sich auf den Auftrag des Ausschusses bezieht und wie der Ausschuss versucht hat, darauf zu antworten.


1.2.1 Kann er?

Der Ausschuss wurde mit der Beantwortung der "Can It" Kausalitätsfrage für die Beziehungen zwischen routinemäßig an Kinder verabreichten Impfstoffen und mehreren spezifischen unerwünschten Ereignisse beauftragt. Die Frage wird konventionell durch kontrollierte epidemiologische Studien angegangen. (Der Begriff epidemiologische Studien wird in diesem Bericht in seinem breiten Sinn verwendet, um damit Studien von Krankheiten und anderen gesundheitsbezogenen Phänomenen in Gruppen von menschlichen Subjekten zu bezeichnen. Der Begriff schließt also viele klinische Studien ein, schließt aber Tier- und In-vitro-Studien einerseits und Einzelfallberichte andererseits aus. Siehe unten eine detailliertere Beschreibung der epidemiologischen Studien im Abschnitt "Quellen des Nachweises für die Kausalität".) Can It? wird in der Regel bejaht, wenn das relative Risiko (das Verhältnis der Eintrittsrate des unerwünschten Ereignisses bei geimpften Personen zur Rate bei ansonsten vergleichbaren nicht geimpften Personen) größer als 1 ist, vorausgesetzt, dass gezeigt werden kann, dass systematische Fehler (Bias) und zufällige Fehler (Sampling Variation) unwahrscheinlich sind. Mit anderen Worten, wenn in einer epidemiologischen Studie (oder einer Metaanalyse mehrerer epidemiologischer Studien) ein statistisch signifikantes relatives Risiko vorliegt und es unwahrscheinlich ist, dass es sich um systematische Verzerrung [Bias] handelt, kann Can It?-Kausalität akzeptiert werden.


Ein Großteil der epidemiologischen Literatur über die Kausalität hat sich auf "Can It?" konzentriert, und ein weit verbreiteter Satz von Kriterien hat sich für "Can It?"-Kausalitätsbewertung entwickelt. (Hill, 1965, Stolley, 1990, Susser, 1973, U.S. Department of Health, Education and Welfare, 1964). Diese Kriterien sind wie folgt:


1

Stärke der Assoziation: Ein relatives Risiko (oder Odds Ratio) von 1,0 zeigt keine Assoziation zwischen dem Impfstoff und dem unerwünschten Ereignis an. Relative Risiken zwischen 1,0 und 2,0 werden im Allgemeinen als eine schwache Assoziation angesehen, während höhere Werte eine moderate oder starke Assoziation anzeigen. Im Allgemeinen gilt, je höher das relative Risiko ist, desto weniger wahrscheinlich kann die Impfstoff-Nebenwirkung-Assoziation vollständig durch eine oder mehrere Quellen mit analytischem Bias erklärt werden.


2

Analytischer Bias: Analytischer Bias ist ein systematischer Fehler in der Schätzung der Assoziation zwischen dem Impfstoff und dem unerwünschten Ereignis [Nebenwirkung]. Er [der Bias] kann unter vier Typen eingeordnet werden:

Selektionsbias bezieht sich auf die Art und Weise, wie die Stichprobe von Probanden für eine Studie (aus einer Quellenpopulation) ausgewählt und beibehalten wurde. Wenn die Probanden, bei denen die Impfstoff-Nebenwirkungen assoziiert wurden, sich von der Quellenpopulation unterscheiden, in einer Weise, die mit der Exposition gegenüber dem Impfstoff verbunden ist und mit der Entwicklung des unerwünschten Ereignisses, wird die daraus resultierende Einschätzung der Assoziation voreingenommen [biassed] sein.


Informations-Bias kann zu einer Voreingenommenheit in Richtung der Null-Hypothese (keine Assoziation zwischen dem Impfstoff und dem unerwünschten Ereignis) führen, insbesondere wenn die Ermittlung entweder der Impfstoff-Exposition oder des Ereignis-Auftretens nachlässig war; oder es kann ein Bias schaffen weg von der Nullhypothese durch Mechanismen wie unblind, Rückruf-Bias oder ungleiche Überwachung in geimpften versus nicht geimpften Personen. Verwechslungs-Bias tritt auf, wenn die Impfstoff-Nebenwirkungen-Assoziation als Ergebnis eines dritten Faktors voreingenommen ist, der sowohl in der Lage ist, das unerwünschte Ereignis zu verursachen, als auch mit der Exposition gegenüber dem Impfstoff assoziiert zu sein. Schließlich kann ein umgekehrter Kausalitäts-Bias auftreten, wenn nicht bekannt ist, dass die Impfstoff-Exposition dem unerwünschten Ereignis vorausging.


3.

Biologischer Gradient (Dosis-Wirkungs-Effekt): Im Allgemeinen wird "Can It?"-Kausalität durch Beweise gestärkt, dass das Risiko des Auftretens eines Ergebnisses mit höheren Dosen oder Frequenzen der Exposition zunimmt. Im Falle von Impfstoffen sind jedoch Dosis und Häufigkeit festgelegt. Da einige der unerwünschten Ereignisse, die vom Komitee geprüft wurden, eine Überempfindlichkeit oder eine andere Art von idiosynkratischer Reaktion darstellen könnten, könnte das Fehlen eines Dosis-Wirkungs-Effekts keinen starken Beweis gegen eine Kausalbeziehung darstellen.


4

Statistische Signifikanz: Könnte der Zufall - also die Stichprobenvariation - für die beobachtete Impfstoff-Nebenwirkungen verantwortlich sein? Um die Rolle des Zufalls bei der Herstellung der beobachteten Assoziation abzuschätzen, wird im Allgemeinen die Größe von P (des Signifikanzwerts) oder der Breite des Konfidenzintervalls verwendet, die mit einem Wirkungsmaß, wie dem relativen Risiko oder der Risikodifferenz verbunden ist. Diese Art der quantitativen Schätzung hat in der statistischen Theorie auf der Grundlage wiederholter Probenahme eine feste Grundlage. Es ist jedoch kein ähnlicher quantitativer Ansatz möglich bei der Beurteilung von nicht zufälligem Fehler (Bias) beim Schätzen der Stärke der Assoziation.


5

Konsistenz: "Can it?"-Kausalität wird gestärkt, wenn die Impfstoff-Nebenwirkungen in mehr als einer Studie nachgewiesen wurdeb, vor allem, wenn die Studien verschiedene Entwürfe verwendeten und in verschiedenen Populationen durchgeführt wurden.


6

Biologische Plausibilität und Kohärenz: Die Impfstoff-Nebenwirkungs-Assoziation sollte plausibel und kohärent mit dem aktuellen Wissen über die Biologie des Impfstoffs und der Nebenwirkung sein. Solche Informationen beinhalten Erfahrungen mit der natürlich vorkommenden Infektion, gegen die der Impfstoff verabreicht wird, besonders wenn der Impfstoff ein lebender geschwächter Virus ist. Tierversuche und In-vitro-Studien können auch eine biologische Plausibilität bereitstellen, indem sie entweder unerwünschte Ereignisse bei Tieren nachweisen, die den Menschen ähnlich sind oder indem sie pathophysiologische Mechanismen angeben, über die das unerwünschte Ereignis durch den Erhalt des Impfstoffs verursacht werden könnte.


Obwohl "Can it?"- Kausalität in der Regel aus epidemiologischen Studien angesprochen wird, kann eine bejahende Antwort gelegentlich aus einzelnen Fallberichten gewonnen werden. Wenn also ein oder mehrere Fälle eindeutig durch einen Impfstoff verursacht worden sind (d.h. "Did it?" kann mit großer Sicherheit bejaht werden), dann wird "Can it?" auch beantwortet, sogar bei Fehlen von epidemiologischen Daten. Unter verschiedenen Umständen stützte sich der Ausschuß zum Beispiel auf die Annahme eines Kausalverhältnisses nur auf der Grundlage eines oder mehrerer überzeugender Fallberichte.


In dieser Hinsicht ist aber auch hinzuzufügen, dass man sich bei der Antwort auf "Can it?" nicht auf das Fehlen von überzeugenden Fallberichten verlassen kann. Im Gegenteil: Wenn ein gegebener Impfstoff eine extrem lange Geschichte hat und kein Auftreten eines bestimmten unerwünschten Ereignisses nach seiner Verabreichung gemeldet worden ist, wird eine mögliche Kausalbeziehung unweigerlich in Zweifel gezogen. Angesichts eines äußerst seltenen unerwünschten Ereignisses und der berüchtigten Probleme der Unterberichterstattung in passiven Überwachungssystemen ist das Fehlen solcher Berichte jedoch nicht ausreichend, um eine Kausalbeziehung abzulehnen. Der Ausschuss erkennt an, dass das, was noch nicht gemeldet wurde, tatsächlich eingetreten sein könnte.


Stattdessen stützte sich das Komitee auf epidemiologische Studien, um eine Kausalbeziehung abzulehnen. Auf der Grundlage des kombinierten Nachweises aus einer oder mehreren kontrollierten epidemiologischen Untersuchungen mit hoher methodischer Qualität und ausreichender statistischer Aussagekraft (Stichprobengröße) wurde eine nicht festgestellte Assoziation zwischen einem Impfstoff und einer Nebenwirkung in dem Sinne gewertet, dass das für eine Ablehnung einer Kausalbeziehung spricht.


1.2.2 Hat er?

Tat es? Auch wenn der Ausschuss nicht spezifisch mit der Beurteilung der kausalen Rolle von Impfstoffen in Einzelfällen beauftragt wurde, können solche Bewertungen bei der Bewertung von Can It nützlich sein? Für viele der untersuchten unerwünschten Ereignisassoziationen mit dem Impfstoff wurden keine epidemiologischen Studien gemeldet, und einzelne Fallberichte liefern die einzigen verfügbaren Beweise. Wie oben dargelegt, wenn solche Beweise stark darauf hindeuten, dass der Impfstoff das unerwünschte Ereignis in einem oder mehreren Fällen verursacht hat, dann kann man logischerweise schließen, dass er das Ereignis verursachen kann.


In der Tat: Viele der Assoziationen, mit deren Prüfung der Ausschuss beauftragt war, wurden zunächst vorgeschlagen, weil ein oder mehrere Fälle von unerwünschten Ereignissen nach dem Erhalt des Impfstoffs festgestellt wurden. Einige von ihnen stammen aus Fallberichten in der veröffentlichten medizinischen Literatur. Andere stammen aus Berichten von Ärzten, Krankenschwestern, Eltern oder Impfstoffempfängern, die das unerwünschte Ereignis nach Exposition gegenüber dem Impfstoff beobachteten. Es ist natürlich und verständlich, dass sich der Verdacht einer durch den Impfstoff bewirkten Nebenwirkung regt, wenn sie sich innerhalb von Stunden,Tagen oder Wochen nach Erhalt des Impfstoffs einstellt. Aber die bloße Tatsache, daß Ereignis B dem Ereignis A folgt, bedeutet nicht, daß A Ereignis B verursacht hat. Verursachung nur auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen zeitlichen Abfolge Folgern ist der logische Irrtum des Post hoc, ergo propter hoc (wörtlich, "danach, somit deshalb").


Viele Faktoren gehen ein, wenn man eine Kausalbeziehung zwischen Impfstoff-Exposition und unerwünschten Ereignissen aus einzelnen Fall-Berichten entnimmt. Ein Großteil der Literatur in diesem Bereich stammt aus Postmarketing-Arzneimittel-Überwachungsprogrammen, wie denen von der US-amerikanischen Ernährungs- und Arzneimittelbehörde und vergleichbaren Agenturen in anderen Ländern (Venulet, 1982). Solche passiven, "spontanen Berichterstattungs"-Programme haben gezeigt, dass sie Probleme mit falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnissen haben. Das heißt, viele der gemeldeten Fälle werden wahrscheinlich nicht durch die Exposition gegenüber dem Medikament oder Impfstoff verursacht, während viele drogen- oder impfstoffbedingte Ereignisse nicht gemeldet werden (Faich, 1986, Péré, 1991, Tubert et al., 1992).


Die Informationen aus Fallberichten, die bei der Beurteilung der Kausalität von Nutzen sind, können unter den folgenden sieben Überschriften berücksichtigt werden (Kramer, 1981):


1

Vorherige allgemeine Erfahrung mit dem Impfstoff: Wie lange ist es schon auf dem Markt? Wie viele Personen haben es erhalten? Wie oft haben Impfstoffempfänger ähnliche Ereignisse erlebt? Wie oft tritt das Ereignis in Abwesenheit von Impfstoff-Exposition auf? Gibt es bei Tieren, die dem Impfstoff ausgesetzt sind, häufiger ein ähnliches Ereignis als bei entsprechenden Kontrollen?


2

Alternative ätiologische Kandidaten: Kann eine vorbestehende oder neue Krankheit das plötzliche Auftreten des unerwünschten Ereignisses erklären? Trifft das unerwünschte Ereignis spontan auf (d.h. in der Abwesenheit bekannter Ursachen)? Gab es Medikamente, andere Therapien oder diagnostische Tests und Verfahren, die das unerwünschte Ereignis haben veranlassen können?


3.

Anfälligkeit des Impfstoffempfängers: Hat er oder sie den Impfstoff in der Vergangenheit erhalten? Wenn ja, wie hat er oder sie reagiert? Birgt sein oder ihr genetischer Hintergrund oder frühere medizinische Geschichte die Gefahr der Entwicklung des unerwünschten Ereignisses als Folge der Impfung?


4

Timing der Ereignisse: Ist das Timing des Beginns des unerwünschten Ereignisses wie erwartet, wenn der Impfstoff die Ursache ist? Wie unterscheidet sich das Timing von dem Timing, das bei den alternativen etiologischen Kandidaten auftreten würde? Angenommen, der Impfstoff ist die Ursache, wie hängt das Timing von dem vermuteten Mechanismus ab (z. B. IgE im Unterschied zu T-Zellen vermittelt).


5

Merkmale des unerwünschten Ereignisses: Gibt es verfügbare Labortests, die die Hypothese der Impfstoffursache unterstützen oder untergraben? Wurde im Fall der Impfung mit dem lebenden abgeschwächten Virus das Impfstoffvirus (oder ein Revertant) aus dem (den) Zielorgan(en) isoliert oder anderweitig identifiziert? Gab es eine lokale Reaktion an der Stelle, an der der Impfstoff verabreicht wurde? Wie lange dauerte das unerwünschte Ereignis?


6

Dechallenge: Nahm das unerwünschte Ereignis [zeitlich] so ab, wie man erwarten würde, wenn der Impfstoff das Ereignis verursacht hätte? Ist das unerwünschte Ereignis von einem Typ, der dazu neigt, schnell abzuheilen, ungeachtet der Ursache (z. B. einer fiebrigen Beschlagnahme)? Ist es irreversibel (z. B. Tod oder ein dauerhaftes neurologisches Defizit)? Ist eine spezifische Behandlung der unerwünschten Ereigniswolken-Interpretation der beobachteten Evolution des unerwünschten Ereignisses?


7

Rechallenge: Wurde der Impfstoff verabreicht? Wenn ja, hat sich das ungünstige Ereignis wiederholt?


"Hat er?"-Kausalität kann auf drei Weisen aus Fallberichten abgeleitet werden: 


Die häufigste ist die globale Introspektion (Lane, 1984). Der Gutachter versucht, die entsprechenden vorgenannten Faktoren zu berücksichtigen und sie bei einer Gesamtentscheidung angemessen abzuwägen, was er üblicherweise als "Ja" oder "Nein" ausdrückt. Obwohl Kausalität in Einzelfällen gelegentlich offensichtlich ist, kann es schwierig oder unmöglich sein, alle relevanten Tatsachen gleichzeitig zu berücksichtigen und richtig abzuwägen, ganz abgesehen davon, dass man diese Tatsachen vielleicht garnicht hat. (Kramer, 1986).


Eine zweite Methode zur Beurteilung von "Hat er?"- Kausalität basiert auf der Konstruktion von Algorithmen (verzweigte Logikbäume) (Venulet, 1982). Von solchen Algorithmen hat man gezeigt, dass man damit nicht nur die Reproduzierbarkeit und Gültigkeit von Kausalitätsbewertungen verbessert, sondern auch diese Beurteilungen auch mit größerer [juristischer] Verantwortung machen kann (Hutchinson and Lane, 1989). Mit anderen Worten, es ist leichter zu sehen, wie die Bewertungsmethoden auf dem Weg zu Schlussfolgerungen verwendet wurden. Die meisten Algorithmen werden in Form eines Flussdiagramms oder eines Fragebogens präsentiert, der eine Reihe von Fragen stellt und eine Punktzahl auf der Grundlage der Antworten des Bewerters abgibt. Die Punktzahl wird dann dazu verwendet, eine Wahrscheinlichkeitsklasse zuzuweisen, wie definitiv, wahrscheinlich, möglich oder unwahrscheinlich.


Der dritte Ansatz ist die Bayessche Analyse (Lane et al., 1987). Sie basiert auf dem Bayesschen Theorem und berechnet die posteriore Wahrscheinlichkeit der Impfstoffursache (die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis durch den Impfstoff verursacht wurde) aus Schätzungen der vorherigen Wahrscheinlichkeit (der Wahrscheinlichkeit, dass der Impfstoff das unerwünschte Ereignis verursacht hat, bevor man die speziellen Gegebenheiten des betrachteten Einzelfall beobachtet hat) und eine Reihe von Wahrscheinlichkeitsverhältnissen für jedes relevante Element des beobachteten Falles. ... [Einzelheiten der Erklärung nicht übersetzt]. Vollbayesische Analysen sind oft kompliziert und zeitaufwändig. Da zur Schätzung notwendige Daten ... nicht immer verfügbar sind, ist die Bewertung der Unsicherheiten oftmals sehr subjektiv, auch wenn sie sich auf Gutachten stützt.


Bei der Bewertung der dem Ausschuss zur Verfügung stehenden Fallberichte hat der Ausschuss einen informellen Bayes-Ansatz verfolgt. Zu den wichtigen Elementen der in den Gutachten des Ausschusses verwendeten Fallberichte gehörten die Krankengeschichte des Einzelnen, der Zeitpunkt des Beginns des unerwünschten Ereignisses nach der Impfung, die Besonderheiten des unerwünschten Ereignisses und die follow-up-Informationen über die Entwicklung. Jedes relevante Detail der Fallinformationen wurde daraufhin untersucht, wie stark es für oder gegen Impfstoff-Kausalität sprach. Wenn diese Informationen (insbesondere im Zusammenhang mit dem Timing) nicht verfügbar waren, befand das Komitee in der Regel, dass es schwierig oder unmöglich ist, in diesem Fall auf Kausalität zu schließen.


Die medizinische Vorgeschichte des Einzelnen wurde bei der Betrachtung der Rolle alternativer etiologischer [Krankheits]kandidaten berücksichtigt (welche die vorherige Wahrscheinlichkeit einer Impfstoffursache beeinflusst). Zum Beispiel verringert eine Vorgeschichte von anormaler neurologischer Entwicklung oder von Krampfanfällen vor dem Erhalt eines Impfstoffs die Wahrscheinlichkeit, dass die nach der Impfung entstandene Enzephalopathie oder die [nach der Impfung] verbliebene Krampfstörung durch den Impfstoff verursacht wurde.


Der Ausschuss versuchte, objektive Kriterien für den erwarteten Zeitpunkt des Beginns für jede Art von unerwünschten Ereignissen festzulegen. Zum Beispiel wurden Daten über die experimentelle akute demyelinisierende Enzephalomyelitis und postinfektiöse GBS verwendet, um ein Zeitfenster von 5 Tagen bis 6 Wochen für das wahrscheinliche Auftreten eines Impfstoff-verursachten Falles von GBS zu etablieren. Dabei wurden Fälle, die 7 bis 21 Tage nach der Impfung auftraten, als besonders wahrscheinlich durch den Impfstoff verursacht beurteilt. Wenn ein verlässlicher alters- und geschlechtsspezifischer Hintergrund (d.h. [in einer Bevölkerung] ohne Impfung) für das Auftreten von GBS nicht bekannt ist, kann man das bloße Auftreten eines Falles von GBS 2 Wochen nach Impfung nicht interpretieren. Wegen des eher diffusen Zeitfensters und des Mangels an zuverlässigen beschreibenden epidemiologischen Informationen ist daher ein angemessener Zeitpunkt des Beginns an und für sich unzureichend, um die Kausalität für einen Einzelfall zu begründen. Anders ist das bei Anaphylaxie, die durch die Exposition gegenüber einem fremden Antigen oder Medikament verursacht wird. Wenn ein klinisch und pathologisch typischer Falle von Anaphylaxie innerhalb von Minuten nach einer Impfung auftritt, ist es sehr schwierig, etwas anderes dafür verantwortlich zu machen als  die Impfung.


Die Eigenschaften des unerwünschten Ereignisses können auch hilfreich sein. So versuchte das Komitee sicherzustellen, dass Fälle von GBS oder Anaphylaxie etablierte klinische und Laborkriterien für diese Bedingungen erfüllten. Aber nur die Bestätigung, dass man einen Fall von "wahrem GBS" vor sich hat, ist, obwohl notwendig, unzureichend dafür, ihn ursächlich auf den Impfstoff zurückzuführen, weil sich solche Fälle nicht von Hintergrundfällen unterscheiden, also solchen, die nach einer Virusinfektion oder spontan auftreten. Auf der anderen Seite sind klinische und pathologische Befunde im Einklang mit der Diagnose Anaphylaxie hilfreich beim Unterscheiden zwischen plötzlichem Zusammenbruch oder Tod durch Anaphylaxie und plötzlichem Zusammenbruch oder Tod durch Myokardinfarkt, Schlaganfall oder ein anderes plötzliches katastrophales Ereignis.


Lockern der Herausforderung (Dechallenge), das heißt, den vermuteten Impfstoff abzubrechen oder seine Dosis zu reduzieren, trägt selten nützliche Informationen bei. Im Gegensatz zu Arzneimitteln werden Impfstoffe zu einem einzigen Zeitpunkt verabreicht, und ihre immunologischen Effekte neigen dazu, weiterzubestehen, nachdem das/die Impfstoffantigen/e eliminiert worden ist. Somit ist die Entwicklung des unerwünschten Ereignisses oft nicht hilfreich bei der Beurteilung der Impfstoffursache.


Erneute Herausforderung (Rechallenge) ist ungewöhnlich, weil es unwahrscheinlich für Ärzte ist, einen Impfstoff zu verabreichen, der zuvor mit einem unerwünschten Ereignis verbunden war. Wenn allerdings Rechallenge auftritt, wird das Rezidiv (Wiederkehr) oder die Nichtwiederkehr des unerwünschten Ereignisses oft einen großen Einfluss auf die Kausalitätsbewertung haben.


1.2.3 Wird er? 

Die "Wird er?"-Kausalitätsfrage bezieht sich darauf, wie häufig ein Impfstoff ein bestimmtes unerwünschtes Ereignis verursachen und Einzelpersonen oder Populationen betreffen kann. Für Einzelpersonen bezieht sich die Frage auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Impfstoffempfänger das unerwünschte Ereignis wegen des Impfstoffs erleben wird. Für Populationen bezieht sich die Frage "Wird er?" auf den Anteil der Geimpften, die das unerwünschte Ereignis als Folge des Impfstoffs erleben werden. Für Einzelpersonen oder Populationen wird die Antwort auf "Wird er?" am besten durch die Größe der Risikodifferenz (zurechenbares Risiko) geschätzt: die Inzidenz des unerwünschten Ereignisses bei den Impfstoffempfängern abzüglich der Inzidenz des unerwünschten Ereignisses unter anderen ansonsten ähnlichen Nichtempfängern. Diese Angabe wird oft mit dem etiologischen Bruchteil verwechselt, vermutlich weil dieser auch als das zuzuordnende Risiko bezeichnet wird.


Die Risikodifferenz hängt sowohl von der Hintergrundinzidenz des unerwünschten Ereignisses (d.h. unter den Nicht-Impfstoffempfängern) als auch von dem relativen Risiko des Auftretens bei Impfstoffempfängern gegenüber Nicht-Empfängern ab. Wenn das Ereignis extrem selten ist, wird daher die Risikodifferenz gering sein, auch dann, wenn das relative Risiko hoch ist.


"Wird er?"-Kausalitätsbewertungen sind für Risiko-Nutzen-Überlegungen wesentlich, da die Risikodifferenz die Wahrscheinlichkeit des Risikos eines durch den Impfstoff verursachten unerwünschten Ereignisses ausdrückt. Aber "Wird er?" hängt von "Kann er?" ab. Wenn die Beweise für die Schlussfolgerung nicht ausreichen, dass ein Impfstoff ein bestimmtes unerwünschtes Ereignis verursachen kann, dann sind sie auch nicht für die Schlussfolgerung ausreichend, ob er es wird. Darüber hinaus, wenn eine bejahende Antwort auf die "Kann er?"-Frage nur auf Fallberichten anstatt auf epidemiologische Studien basiert, ist keine quantitative Schätzung von "Wird er?" möglich.


Auch wenn die "Wird er?"-Frage nicht Teil des spezifischen Auftrags des Ausschusses war, werden Schätzungen der Risikodifferenz (zurechenbares Risiko) nach Möglichkeit für diejenigen Assoziationen bereitgestellt, 


2 Quellen der Beweise für Kausalität

Die vom Komitee untersuchten Beweise für Kausalität umfassen 


In einer epidemiologischen Studie messen die Ermittler ein oder mehrere gesundheitsbezogene Attribute (Expositionen, Ergebnisse oder beides) in einer definierten Stichprobe von menschlichen Probanden und machen Schlussfolgerungen über die Werte dieser Attribute oder der Assoziationen unter ihnen (oder über beides, Werte und Assoziationen) in der Quellpopulation, aus der die Studienstichprobe stammt. 


Epidemiologische Studien können entweder 


sein. 


Diese Nachweisquellen werden im Folgenden in der gleichen Reihenfolge näher erläutert, wie sie in jedem der Impfstoffkapitel betrachtet werden.


2.1 Biologische Plausibilität 

Alle in diesem Bericht beurteilten Impfstoff-Nebenwirkungsassoziationen haben zumindest aus theoretischen Gründen eine biologische Plausibilität. Das heißt, eine sachkundige Person könnte einen möglichen Mechanismus postulieren, mit dem der Impfstoff das unerwünschte Ereignis verursachen könnte. Jedoch tatsächlich nachgewiesen war biologische Plausibilität [nach Ansicht des Komitees] nur, wenn sie auf die bekannten Wirkungen der natürlichen Krankheit gegründet war, gegen die der Impfstoff gegeben wird, und die Ergebnisse von Tierversuchen und In-vitro-Studien. Nur nachgewiesene biologische Plausibilität berücksichtigte das Komitee bei seinem Urteil über Kausalität.


2.2 Fallberichte, Fallstudien und unkontrollierte Observationsstudien

Der Ausschuss erhielt Berichte über Einzelfälle von Impfstoffnebenwirkungen aus medizinischen Veröffentlichungen sowie von passiven, spontanen Überwachungssystemen, die von den Impfstoffherstellern, der U.S. Food and Drug Administration und den Centers for Disease Control and Prevention ins Leben gerufen worden sind. Dies waren das Monitoring System for Adverse Events Following Immunization (Monitoring System für unerwünschte Ereignisse nach Immunisierung) und das Spontane Reporting System sowie das neuere Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS). Anhang B identifiziert das Material aus diesen Systemen, das vom Ausschuss erhalten und überprüft wurde. Kapitel 10 enthält eine Diskussion über die Einschränkungen von passiven Überwachungssystemen wie diesen und eine Analyse der in den VAERS enthaltenen Daten über Berichte von Todesfällen nach der Impfung.


Unkontrollierte Beobachtungsstudien basieren in der Regel auf einem Kohortenentwurf, bei dem eine identifizierte Gruppe von Geimpften für einige Zeit verfolgt wird, um das Auftreten eines oder mehrerer unerwünschter Ereignisse festzustellen. Diese Studien beinhalten oft eine aktivere Überwachung, als dies bei den oben erwähnten passiven, spontanen Berichterstattungssystemen der Fall ist, obwohl eine klare Unterscheidung von Fallreihen, die von definierten Populationsbasen ausgehen, oft schwierig ist. Da in diesen Studien keine nichtgeimpfte Kontrollgruppe vorhanden ist, können die Auftretensraten der unerwünschten Ereignisse in der Regel nur beschreibend interpretiert werden, und die daraus abgeleiteten Beweise sind für Annahme oder Ablehnung einer Kausalbeziehung nur selten hilfreich. Auch in unkontrollierten Beobachtungsstudien enthalten sind Berichte über die Impfstoff-Exposition in einer repräsentativen Gruppe von Personen, die das unerwünschte Ereignis erleben. Solche Studien können sich auch mit Fallreihen überlappen, obwohl die Autoren von Fallreihen oft versuchen, kausale Schlussfolgerungen (oder Hypothesen) aus der Impfstoffexposition und / oder anderen Faktoren zu ziehen und daher in der Regel wesentlich mehr Details über alternative ätiologische Kandidaten liefern, [also] die Zeit des Nebenwirkungsbeginns nach der Impfung und klinische und pathologische Beschreibungen der Nebenwirkung.


Unkontrollierte epidemiologische Studien liefern keine direkten Schätzungen der Impfstoffwirkung auf das Risiko der Entwicklung des unerwünschten Ereignisses. Manchmal kann jedoch die Existenz verlässlicher Daten über das Risiko in ungeimpften Probanden die Grundlage bilden für eine studien-externe Kontrollgruppe und damit eine indirekte Schätzung des Impfstoffeffekts.


2.3 Kontrollierte Beobachtungsstudien

Kontrollierte Beobachtungsstudien erlauben eine direkte Schätzung des Impfstoffeinflusses auf das Auftreten der Nebenwirkung. Die meisten basieren entweder auf einer Kohorte oder einem Case-Control-Design. 


Andere Arten von kontrollierten epidemiologischen Studien können auch nützliche Informationen liefern. In ökologischen Studien werden zum Beispiel die Raten eines gegebenen unerwünschten Ereignisses in ansonsten ähnlichen Regionen oder Ländern mit unterschiedlichen Impfstrategien. Solche Studien beurteilen die Impfstoff-Nebenwirkung-Assoziation auf der Ebene der Bevölkerung und liefern daher nur indirekte Beweise für die Assoziation bei Einzelpersonen.


2.4 Kontrollierte klinische Studien

Die bis hier erörterten epidemiologischen Studienentwürfe sind alle Beobachtungsstudien. Die Impfung oder ihre Ablehnung wurde entweder von den Impfstoffempfängern, von ihren Eltern oder von ihren Ärzten entschieden - nicht vom Fachpersonal der Studien. Das Fachpersonal versuchte lediglich, die Wirkung der Impfung zu beobachten; sie kontrollieren nicht, wer den Impfstoff erhält oder nicht. Dieses Fehlen einer Kontrolle darüber, wer geimpft wird, unterscheidet Beobachtungsstudien von experimentellen Studien, die man auch klinische Studien nennt. In einer kontrollierten klinischen Studie eines Impfstoffs werden die Ergebnisse bei Probanden verglichen, die vom Ermittler ausgewählt werden. Die kontrollierte klinische Studie bietet die stärksten wissenschaftlichen Beweise für eine kausale Beziehung zwischen einem Impfstoff und einem unerwünschten Ereignis, insbesondere wenn die Probanden zufällig [random] ausgewählt werden. Das Studiendesign wird dann als randomisierte klinische Studie bezeichnet. Wie bei Beobachtungskohortenstudien wird das Auftreten des unerwünschten Ereignisses in der Regel als relatives Risiko oder Risikodifferenz ausgedrückt. Unglücklicherweise sind viele der unerwünschten Ereignisse, die vom Komitee geprüft wurden, so selten, dass sogar große, randomisierte Versuche an vielen Kliniken zahlenmäßig zu klein sind, um Unterschiede in den Inzidenz eines seltenen unerwünschten Ereignisses zu erkennen.


2.5 Kombinieren von Evidenz 

Wenn zwei oder mehrere epidemiologische Studien von bestimmten Impfstoff-Nebenwirkungs-Assoziationen vom Komitee gefunden wurden (besonders wenn sie ein ähnliches Design hatten), benutzte das Komitee eine Metaanalyse, um die Ergebnisse aus diesen Studien zu bündeln und damit sowohl statistisch zu verbessern als auch ihre Verallgemeinerbarkeit zu erhöhen (Dickersin und Berlin, 1992). Aber sogar eine Metaanalyse epidemiologischer Studien hilft nicht, die Evidenz aus verschiedenen Quellen zu kombinieren. Da es keine allgemein anerkannten Regeln für die Kombination solcher Beweise gibt, hat der Ausschuss seine eigenen operativen Kriterien gewählt.


Obwohl randomisierte klinische Studien allgemein als die wissenschaftlich wertvollste Beurteilung der Kausalbeziehungen angesehen werden, sind die meisten zu klein für einen nützlichen Nachweis einer Impfstoff-Nebenwirkung-Verbindung gewesen. So waren Fallberichte, Fallreihen und unkontrollierte Beobachtungsstudien und kontrollierte Beobachtungs-epidemiologische Studien oft die Hauptgrundlage für das Urteil des Ausschusses. Wie oben erwähnt, wurden nur epidemiologische Studien bei der Entscheidung gegen eine Kausalbeziehung verwendet. Wenn epidemiologischen Studien fehlten, die ein Kausalverhältnis unterstützten, verließ man sich auf einzelne Fallberichte und Fallreihen, vorausgesetzt, dass die Art und der Zeitpunkt des unerwünschten Ereignisses nach der Impfung und das Fehlen von wahrscheinlichen alternativen ätiologischen [Krankheits]kandidaten derart waren, dass mit vernünftiger Sicherheit Kausalität (wie oben beschrieben) aus einem oder mehreren Fallberichten abgeleitet werden konnte. Die Anwesenheit oder Abwesenheit von nachgewiesener biologischen Plausibilität wurde auch bei der Abwägung der Gesamtbilanz der Beweise für und gegen eine Kausalbeziehung berücksichtigt. In Abwesenheit von überzeugenden Fallberichten oder epidemiologischen Studien wurde jedoch die bloße Demonstration der biologischen Plausibilität als unzureichender Kausalitätsbeweis angesehen.


Annahme und Ablehnung eines Kausalverhältnisses zwischen Impfstoff-Exposition [d.h. Impfung] und Ergebnis sind von Natur aus asymmetrisch. Man kann sagen, sehr starke Beweise für eine solche Kausalbeziehung stellen eine Kausalbeziehung her, obwohl ein 100-prozentiger "Beweis" im mathematischen Sinne niemals möglich ist. Es ist jedoch fast nie möglich, mit ebendieser Sicherheit eine solche Kausalbeziehung abzulehnen, denn selbst die größten epidemiologischen Bevölkerungsstudien haben keine ausreichende statistische Kraft, extrem seltene Ursachen für ein Ergebnis zu erkennen (z. B. ein Überschussrisiko von 1 pro 1 Million Bevölkerung). Daher spiegeln die Kategorien, in denen der Ausschuss den Beweis für die Kausalität zusammengefasst hat (siehe unten), diese wesentliche Asymmetrie wider.


Obwohl sich das Komitee um Objektivität bemühte, behält die Interpretation der wissenschaftlichen Erkenntnisse immer wenigstens einen Rest von subjektiven Elementen. Die Verwendung solcher "objektiven" Standards wie P-Werte, Konfidenzintervalle und relative Risiken kann ein falsches Gefühl vermitteln, dass solche Urteile vollständig objektiv sind. Urteile über mögliche Quellen von Bias, obwohl auf fundierte wissenschaftliche Grundsätze basierend, können in der Regel nicht quantifiziert werden. Das gilt auch für den wissenschaftlichen "Goldstandard" bei der Bewertung der Kausalbeziehungen, die randomisierte klinische Studie.


Für jede betroffene Impfstoff-Nebenwirkungsvereinigung startete das Komitee aus einer neutralen Position, d.h. weder die Anwesenheit noch die Abwesenheit eines Kausalzusammenhangs zwischen den Impfstoffen und den betroffenen unerwünschten Ereignissen wurde angesetzt. Jede Evidenzkategorie wurde dann bewertet und gewichtet (wie oben beschrieben), um zu einem Gesamturteil zu gelangen, ob die Bilanz der Beweismittel die Annahme oder Ablehnung eines Kausalzusammenhangs zwischen Impfstoff und unerwünschtem Ereignis begünstigt. Um die wissenschaftliche Verantwortlichkeit zu verbessern, wird jede Impfstoff-Nebenwirkungs-Assoziation mit einer Erläuterung der Beweisgrundlage begleitet.


3 Zusammenfassung der Beweise für die Kausalität 

Der Ausschuss versuchte, auf den Methoden und Verfahren des Komitees zu Nebenwirkungen von Pertussis und Rubella-Impfstoffen aufzubauen (Institut für Medizin, 1991). Der Pertussis- und Röteln-Impfstoffausschuss fasste die Beweise für diese Impfstoffe mit den folgenden fünf Kategorien zusammen: (1) keine Beweise für eine Kausalbeziehung, (2) Beweismittel, die nicht ausreichen, um eine Kausalbeziehung anzugeben, (3) Beweismittel deuten nicht auf einen kausalen Zusammenhang hin (4) Beweise sind im Einklang mit einer Kausalbeziehung, und (5) Beweise deuten auf eine Kausalbeziehung hin. Sie haben dann jede betrachteten Impfstoff-Nebenwirkungs-Assoziation einer dieser fünf Kategorien zugewiesen.


Weil eine gewisse Verwirrung über die Bedeutung der Kategorienbeschreibungen des Pertussis- und Röteln-Impfstoffausschusses entstanden ist, hat der Impfstoffsicherheitsausschuss trotz umfangreicher Erläuterungen sowohl in Fußnoten als auch im Text einige geringfügige Änderungen der Formulierung in der Absicht verabschiedet, bei der Interpretation dieses Berichts zu helfen. Um denen das Lesen zu erleichtern, die mit dem Bericht des vorherigen Ausschusses vertraut sind, behielt der jetzige Ausschuss sowohl die Anzahl der Kategorien (fünf) als auch die Reihenfolge dieser Kategorien bei, aber modifizierte den Wortlaut in einem Versuch, seine Bedeutung zu klären. Die Namen und Beschreibungen der in diesem Bericht verwendeten Kategorien sind wie folgt:


1. Keine Beweise für eine Kausalbeziehung.

Vermeintliche Assoziationen zwischen Impfstoff und unerwünschten Ereignissen, für die der Ausschuss keine Fallberichte oder epidemiologische Studien finden konnte, wurden in diese Kategorie aufgenommen. Demonstrierte biologische Plausibilität allein wurde als unzureichend betrachtet, um eine gegebene Impfstoff-Nebenwirkungs-Assoziation aus dieser Kategorie zu entfernen.


2. Die Beweise sind unzureichend, um eine Kausalbeziehung zu akzeptieren oder abzulehnen.

Ein oder mehrere (in einigen Fällen gab es viele) Fallberichte oder epidemiologische Studien wurden vom Komitee gefunden, aber der Beweis für eine Kausalbeziehung überwog weder, noch wurde er durch die Evidenz gegen eine Kausalbeziehung aufgehoben. Die Anwesenheit oder Abwesenheit der nachgewiesenen biologischen Plausibilität wurde als nicht dafür ausreichend angesehen, dieses Gleichgewicht in die eine oder andere Richtungen zu verschieben.


3. Die Beweise begünstigen die Ablehnung einer Kausalbeziehung.

Es wurden nur Beweise aus epidemiologischen Studien als Grundlage für eine mögliche Ablehnung eines Kausalverhältnisses betrachtet. Solche Beweise wurden als Ablehnung begünstigend nur dann beurteilt, wenn eine rigoros durchgeführte epidemiologische Untersuchung (oder eine Metaanalyse von mehreren solchen Studien) von adäquater Größe (d.h. statistischer Kraft) keine signifikante Assoziation zwischen dem Impfstoff und dem unerwünschten Ereignis festgestellt hatte. Das Fehlen einer nachgewiesenen biologischen Plausibilität wurde als unterstützend für eine Entscheidung angesehen, eine Kausalbeziehung abzulehnen, aber allein als nicht ausreichend, das Gleichgewicht der Beweise aus anderen Quellen zu verschieben.


4. Der Beweis begünstigt die Annahme eines Kausalverhältnisses.

Das Gleichgewicht der Evidenz aus einem oder mehreren Fallberichten oder epidemiologischen Studien belegt eine Kausalbeziehung, die stärker wiegt als die Beweise gegen eine solche Beziehung. Demonstrierte biologische Plausibilität wurde als Unterstützung für die Entscheidung angesehen, eine Kausalbeziehung zu akzeptieren, aber allein als nicht ausreichend, das Gleichgewicht der Beweise aus anderen Quellen zu verschieben.


5. Die Beweise stellen eine Kausalbeziehung her.

Epidemiologische Studien und / oder Fallberichte liefern eindeutige Hinweise auf eine Kausalbeziehung, und die biologische Plausibilität wurde nachgewiesen.


4 Literatur




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Bookshelf ID: NBK236280

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Version der Übersetzung: 8.5.2017

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Dr. Joachim Gruber