Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt

Zuständigkeiten, Verfahren, Statistiken, Rechtsfolgen

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge



Die folgenden Auszüge sind von Jochen Gruber


Anhörung (§ 25 Abs. 1 AsylVfG):

Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Auf- enthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt wird. Er muss auch alle sonstigen Tatsachen und Umstände angeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen (§ 25 Abs. 2 AsylVfG). Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben (§ 25 Abs. 3 AsylVfG).


Ladung

Der Anhörungstermin sollte möglichst zeitnah zur Antragstellung erfolgen, kann sich aber wegen hoher Antragszahlen über mehrere Wochen hinziehen. An der Anhörung, die grundsätzlich nicht öffentlich ist, nehmen der Asylbewerber, evtl. sein Verfahrensbevollmächtigter, der Entscheider und ein Dolmetscher als Sprachmittler teil. Bei unbegleiteten Minderjährigen ist regelmäßig ein Vormund bzw. Ergänzungspfleger beteiligt. Es können aber Vertreter des Bundes, eines Landes oder des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) teilnehmen. Weitere Ausnahmen kann der Leiter des Bundesamtes gestatten (§ 25 Abs. 6 AsylVfG).

Typische Inhalte einer Anhörung sind u.a.:


Der Entscheider hat die Aufgabe, die Fluchtgründe genau zu klären. Der Asylbewerber ist verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und Beweismittel vorzulegen, sofern er welche hat bzw. beschaffen kann. Wie lange eine Anhörung dauert, hängt stark vom Verfolgungsschicksal und vom Asylbewerber selbst ab. Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Asylbewerbers enthält. Dem Asylbewerber ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen (§ 25 Abs. 7 AsylVfG).


Entscheidungsfindung

Der Entscheider trifft seine Entscheidung über den Asylantrag aufgrund einer Gesamtschau aller relevanten Erkenntnisse, insbesondere der persönlichen Anhörung. Die Entscheidung durch das Bundesamt ergeht schriftlich. Maßgeblich ist grundsätzlich das individuelle Einzelschicksal. Ggf. sind vor der Entscheidung weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich. Dazu besteht die Zugriffsmöglichkeit auf das Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamts und dessen Datenbanksystem „MILo“. Darüber hinausgehende Recherchemöglichkeiten ergeben sich z. B. über individuelle Anfragen an das Auswärtige Amt, Sprach- und Textanalysen, physikalisch-technische Urkundenuntersuchungen (PTU) sowie die Einholung medizinischer oder sonstiger Gutachten. Leitsätze für die wichtigsten Herkunftsländer geben Hilfen für die Entscheidungsfindung. Die Entscheidung wird begründet und den Beteiligten mit einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie einer Übersetzung des Tenors der Entscheidung zugestellt. Ist der Asylantrag abzulehnen, hat das Bundesamt auch darüber zu entscheiden, ob wegen Gefahren im Herkunftsland ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG besteht.


Flüchtling ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, wer sich


Asylberechtigter und demnach „politisch Verfolgter“ im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG ist, wer im Falle der Rückkehr


Als Asylberechtigter wird nicht anerkannt, wer über einen „sicheren Drittstaat“ in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Als „sichere Drittstaaten“ gelten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und (nach gesetzlicher Regelung) Norwegen und die Schweiz.


Subsidiär Schutzberechtigter ist nach § 4 Abs. 1 AsylVfG, wem


Ernsthafter Schaden ist definiert wie folgt


Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden (Abschiebungsverbote), wenn


Rechtsfolgen


Herkunftsländeranalyse

Im Analysereferat wird die Situation in den Herkunfts- und Transitstaaten mit Hilfe aller zugänglichen Quellen erarbeitet. Zu diesen Quellen gehört auch das Verbindungspersonal, das das Bundesamt an deutschen Botschaften in ausgewählten asylrelevanten Herkunftsländern einsetzt. Im Referat Länderanalysen werden Länderinformationen sowie Ausarbeitungen zu asyl-, migrations- und integrationspolitisch relevanten Themen erstellt.


Ziel ist die Unterstützung der Entscheidungstätigkeit sowie die Information der Fachreferate des Bundesamts mit stets aktuellen herkunftsländerbezogenen Ausarbeitungen, Leitsätzen und Textbausteinen. Mit seinen länderspezifischen Ausarbeitungen trägt das Referat überdies dem wachsenden Informationsbedarf im Bereich der Integrationsarbeit des Bundesamts Rechnung.


Entwicklung der Schutzquote

1. Definition und Berechnung

Wie auf den vorhergehenden Seiten beschrieben, gibt es unterschiedliche Entscheidungsarten:


Definition:

Die Gesamtschutzquote berechnet sich aus

  1. der Anzahl der Asylanerkennungen,
  2. der Gewährungen von Flüchtlingsschutz und
  3. der Zuerkennung von subsidiärem Schutz sowie
  4. der Feststellungen eines Abschiebungsverbotes

bezogen auf die Gesamtzahl der Entscheidungen im betreffenden Zeitraum.


Gesamtzahl der Entscheidungen im Jahr 2013: 80.978

Die Gesamtschutzquote

2013: 24,9 % (2012: 27,7 )


Verfahrensdauer im Asylverfahren (Bearbeitungsdauer Erst- und Folgeverfahren)

Weniger als sechs Monate dauerte das Verfahren beim Bundesamt

  1. im Jahr 2013: 59,7 % der Asylbewerber,
  2. im Jahr 2012: 70,4 %,
  3. im Jahr 2011: 68,0 %.


Rechtsfolgen der Entscheidung

1. Anerkennung als Asylberechtigter bzw. Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäss der Genfer Flüchtlingskonvention

Einem Antragsteller, der als Asylberechtigter anerkannt worden ist, wird von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis mit 3-jähriger Gültigkeit ausgestellt; gleiches gilt, wenn ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist.


Nach den 3 Jahren wird eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Ausländerbehörde mitgeteilt hat, dass die Asylberechtigung bzw. die Flüchtlingsfeststellung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist. Ein Widerruf oder eine Rücknahme der positiven Entscheidung kann auch später noch erfolgen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen; die Entscheidung darüber liegt (sofern keine schwerwiegenden strafrechtlich relevanten Gründe vorliegen) im Ermessen des Bundesamts.


Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte stehen grundsätzlich die gleichen Sozialleistungen zu wie deutschen Staatsangehörigen.   

Es besteht unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt, die Beantragung einer Erlaubnis ist daher nicht erforderlich.


Familienangehörige (Ehegatte oder Kinder) können unter erleichterten Bedingungen aus dem Ausland nach Deutschland geholt werden.

Zudem besteht ein Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs.


2. Gewährung von subsidiärem Schutz

Wer als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt wird,


3. Nationale Abschiebungsverbote

Ist ein Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Abschiebung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt.

Dem Betroffenen soll von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, es sei denn,


Die Aufenthaltserlaubnis wird für mindestens 1 Jahr erteilt und kann wiederholt verlängert werden.


4. Für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis und zur Sicherung des Lebensunterhalts gilt das Gleiche wie bei subsidiär Schutzberechtigten (siehe 2. Gewährung von subsidiärem Schutz).



Version: 20.2.2016
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