Mitralinsuffizienz

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Synonym: Mitralklappeninsuffizienz
Abk.: MI
Englisch: mitral regurgitation

Inhaltsverzeichnis

1 Definition


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Die Mitralinsuffizienz ist ein Herzklappenfehler mit einer Insuffizienz der Mitralklappe während der Systole.


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2 Pathophysiologie

Die Mitralklappe verliert bei einer Mitralklappeninsuffizienz ihre physiologische Funktion. In der Systole strömt Blut aus dem linken Ventrikel in den linken Vorhof zurück (Regurgitation). Werden pro Herzschlag mehr als 15 % des Schlagvolumens in den linken Vorhof zurückbefördert besteht eine relevante Mitralinsuffizienz.

Das zwischen Vorhof und Kammer pendelnde Volumen führt zur Volumenbelastung des linken Ventrikels und im weiteren Verlauf zur Dilatation des linken Ventrikels und des linken Vorhofes. Der Blutdruck in den Pulmonalvenen steigt, die entstehende pulmonale Hypertonie führt zu einer Rechtsherzbelastung. Unbehandelt mündet eine Mitralklappeninsuffizienz in eine globale Herzinsuffizienz.

Die Zunahme einer Mitralinsuffizienz wird begünstigt durch:

3 Ätiologie

Ursachen der Mitralinsuffizienz sind unter anderem:

4 Einteilung

Eine primäre Mitralklappeninsuffizienz resultiert aus Anomalien der Mitralklappe. Sekundäre Mitralklappeninsuffizienzen entstehen auf dem Boden vorbestehender Erkrankungen des Herzens.

Akute Mitralinsuffizienzen treten plötzlich auf, chronische Mitralklappeninsuffizienzen entwickeln sich über einen längeren Zeitraum.

Nach Carpentier kann eine Mitralinsuffizienz morphologisch in 3 Stadien eingeteilt werden:

Bei der invasiven Diagnostik durch eine Herzkatheteruntersuchung kann nach Einbringen von Kontrastmittel in den linken Ventrikel das Füllungsverhalten des linken Vorhofes analysiert und so das Ausmaß der Mitralklappeninsuffizienz in vier Schweregrade eingeteilt werden:

5 Klinik

Die Mitralklappeninsuffizienz führt zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit des Patienten. Bei Belastung kommt es zur Dyspnoe, oft tritt ein nächtlicher Husten ("Herzhusten") auf. Bei Dekompensation kommt es zur Ausbildung eines Lungenödems und einer zusätzlichen Rechtsherzinsuffizienz, die sich wiederum in Form einer Stauungsleber, Stauungsniere und Halsvenenstauung bemerkbar machen kann.

Vorhofflimmern und eine Tachyarrhythmia absoluta können begleitende Rhythmusstörungen sein. Im linken Vorhof ist die Ausbildung eines Thrombus begünstigt (arterielle Embolie).

6 Diagnostik

Die Anamnese sollte die Symptomatik gezielt erfragen und Art und Umstände der Beschwerden aufdecken. Wegweisend für die Diagnose ist die Auskultationsbefund.

Eine Mitralklappeninsuffizienz imponiert durch ein holosystolisches Herzgeräusch mit Punctum maximum im 4. oder 5. ICR links in der Medioclavicularlinie. Das Herzgeräusch wird in die linke Axilla fortgeleitet. Eventuell wird ein 3. Herzton hörbar. Bei der körperlichen Untersuchung kann manchmal ein nach links unten verbreiterter Herzspitzenstoß getastet werden.

Die apparative Diagnostik umfasst:

Befundbeispiel: Mitralinsuffizienz im Röntgenbild



7 Therapie

Die Therapie der Herzinsuffizienz kann in den initialen Stadien und fehlenden Komplikationen medikamentös erfolgen. Effektiv ist dabei eine Senkung der Nachlast z.B. durch ACE-Hemmer. Grunderkrankungen, die eine Progression begünstigen (KHK, arterielle Hypertonie, Endokarditis) sollten konsequent medikamentös behandelt werden.

Die chirurgische Therapie ist bei primären Mitralinsuffizienzen zu erwägen. Auch wenn primäre Mitralinsuffizienzen noch asymptomatisch und komplikationsfrei sind, sollte präventiv eingegriffen werden. Eine hochgradige Herzinsuffizienz, Verschlechterung der linksventrikulären Funktion und eine Dilatation stärken die Indikation für eine Operation.

Gängige operative Verfahren sind dabei:

Die Mitralklappenrekonstruktion, bei der das Klappengerüst erhalten wird, zeigt langfristig bessere Ergebnisse.

Basierend auf den Guidelines der American Heart Association aus dem Jahr 2007 hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie den Indikationsbereich für die Endokarditisprophylaxe bei Mitralinsuffizienz vor zahnärztlichen Eingriffen eingegrenzt. Laut diesen Leitlinien soll die Endokarditisprophylaxe nur noch bei Hochrisikopatienten erfolgen. Näheres dazu im Hauptartikel Endokarditisprophylaxe.



Tags: Herz, Herzklappe, Insuffizienz

Fachgebiete: Kardiologie


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Die perkutane Mitralklappen­rekonstruktion

Wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, kann der Arzt einem Patienten dazu raten, sich einer perkutanen Mitralklappenrekonstruktion (PMKR) zu unterziehen. Diese stellt im Vergleich zum Eingriff am offenen Herzen eine weniger invasive Methode dar.

Kardiologen und Herzchirurgen, die dieses Verfahren anwenden, können die Mitralklappe reparieren, indem sie einen Clip an der Mitralklappe befestigen. Dieser Clip sorgt dafür, dass die Klappe wieder besser schließt und hilft somit, wieder einen normalen Blutfluss durch das Herz herzustellen.

Wie funktioniert die Therapie?

Der Mitral-Clip ist eine Art Klammer, die direkt an der Mitralklappe angebracht wird, ohne dass dafür der Brustkorb geöffnet werden muss oder der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden muss. Für den Zugang zur Mitralklappe wird ein flexibler, langer Führungskatheter durch eine Vene in die Leiste eingebracht und bis zum Herzen vorgeführt.

Mit Hilfe dieses Katheters wird dann der Mitral-Clip an der Mitralklappe angebracht und sorgt dafür, dass diese wieder besser schließt. Während der Prozedur können die Ärzte die Position des Clips am schlagenden Herzen überprüfen und nötigenfalls so oft korrigieren, bis die gewünschte bestmögliche Reduktion der Insuffizienz erreicht ist, denn die Reduktion der Mitralinsuffizienz wird in Echtzeit durch einen 3D-Ultraschall kontrolliert. Das Verfahren wird unter Vollnarkose durchgeführt und der Patient muss danach einige Tage im Krankenhaus bleiben.

Für wen eignet sich die Therapie?

Die perkutane Mitralklappenrekonstruktion mit einem Mitral-Clip eignet sich vor allem als Alternative für Patienten mit einer schweren Mitralinsuffizienz, die ein hohes Operations-Risiko haben – zum Beispiel aufgrund von Begleiterkrankungen oder fortgeschrittenem Alter.

Für Patienten, die unter den Symptomen ihrer Mitralinsuffizienz leiden, aber für einen Eingriff am offenen Herzen nicht in Frage kommen, bietet dieses minimalinvasive Verfahren die Chance auf eine Verbesserung der Mitralinsuffizienz und ihrer Symptome. Das kann zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität für diese Patienten führen.


Version: 14.1.2017
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Joachim Gruber