http://www.ptb.de/de/org/6/nachrichten6/2009/61509_de.htm
Entered into acamedia cache on December 6, 2011.

 
PTB > Struktur > Abteilung 6 > Forschungsnachrichten > Forschungsnachrichten 2009 > Messungen von Neutronenspektren induziert durch kosmische Strahlung in Höhen von 85 m, 1195 m und 2650 m
   
English Version



Forschungsnachrichten der Abteilung 6
Messungen von Neutronenspektren induziert durch kosmische Strahlung in Höhen von 85 m, 1195 m und 2650 m

Der Fachbereich "Neutronenstrahlung" hat zwischen Mai 2005 und Juli 2006 drei Messkampagnen durchgeführt zur Bestimmung von Neutronenspektren in 85 m, 1195 m und 2650 m Höhe. Die gemessenen Neutronen stammen aus der Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit den Molekülen der Erdatmosphäre.

Messungen von Neutronenspektren induziert durch kosmische Strahlung mit NEMUS


Abbildung 1 a:

Referenzmessplatz für Umgebungsstrahlung


Abbildung 1 b:

SIL: BfS (Bundesamt für Strahlenschutz) Messstation für atmosphärische Radioaktivität auf dem Schauinsland


Abbildung 1 c:

UFS: Umwelt Forschungsstation Schneefernerhaus (2650 m)

Die Messungen wurden mit dem erweiterten Bonnerkugel-Spektrometer NEMUS [1] durchgeführt. Dieses besteht aus insgesamt 14 Moderatorkugel aus Polyäthylen, vier davon mit zusätzlichen Metallschalen um die Empfindlichkeit bei Neutronenenergien oberhalb von 20 MeV zu erhöhen. Im Inneren der Kugeln befinden sich 3He Proportionalzähler, die thermische (d. h. langsame) Neutronen registrieren. Darüber hinaus wird ein 3He Proportionalzähler ohne Moderatorkugel betrieben.

Da die Anzahldichte der Neutronen aus der kosmischen Strahlung sehr klein ist, dauern die Messkampagnen in der Regel sechs bis acht Wochen. Um für den gesamten Zeitraum aus den gesammelten Daten ein gemitteltes Ergebnis zu bekommen, ist es unerlässlich auf den wechselnden Luftdruck und andere Umwelteinflüsse (wie z. B. auf zusätzliche Moderation bei Schneefall) zu korrigieren. Außerdem müssen Messungen mit extremem elektronischem Rauschen identifiziert und aussortiert werden (z. B. Mikrophonie-Ereignisse).

Mit dem NEMUS Spektrometer können bis zu acht Kugel parallel gemessen werden, von denen jeweils die über einen Zeitraum von sechs Stunden (UFS: drei Stunden) gemessenen Pulshöhenspektren (PHS) gespeichert werden. Besonders bei kleinen Pulshöhen gibt es Ereignisse, die nicht von Neutronen herrühren. Um diese Ereignisse auszusortieren werden die gemessenen PHS im Bereich hoher Kanäle an ein Modellspektrum angepasst. Die Modellspektren sind für jedes Zählrohr individuell und werden vor einer Messkampagne unter Laborbedingungen gemessen. Die neu entwickelte Anpass-Prozedur liefert am Ende eine Zählrate für jede Kugel, die auf einen zuvor festgelegten Referenzluftdruck korrigiert ist. Die Details der Analyse, insbesondere der kugelspezifischen Luftdruckkorrektur, wurde kürzlich auf dem internationalen Neutronendosimetrie-Symposium NEUDOS-11 vorgestellt [2].

Aus den so ermittelten Zählraten werden mit einem mathematischen Verfahren, der so genannten Entfaltung, die differentielle Neutronenenergieverteilung, oder kurz das Neutronenspektrum, ermittelt. Dabei wird ein zweistufiger Prozess verwendet:

  1. Für ein geeignet gewähltes parametrisiertes Spektrum werden die Parameter mittels der Bayes’schen Methode [3, 4] bestimmt.
  2. Das Spektrum aus dem ersten Schritt wird als Vorinformation (default spectrum) für die Entfaltung mit dem Computerprogramm MAXED [5] verwendet. Dieses Programm basiert auf der Theorie der "maximum entropy". Die Ergebnisse der Entfaltung sind in Abbildung 2 gezeigt.

Abbildung 2:

Neutronenspektren induziert durch kosmische Strahlung in verschiedenen Höhen.

Die Tabelle gibt die numerischen Ergebnisse für die Neutronenfluenzraten (integriert über den gesamten Energiebereich) sowie die Umgebungsäquivalentdosisleistung aller drei Messkampagnen. Dabei wurden die Dosisleistungen durch Multiplikation der entfalteten Spektren mit den Fluenz-zu-Dosiskonversionskoeffizienten aus ICRP 74 [6] berechnet. Die angegebenen Unsicherheiten sind der Bayes’schen Analyse entnommen.

Messort Höhe
m
Luftdruck
hPa

cm/h

nSv/h (μSv/a)
PTB 85 1004 48.8 ± 2.1 11.2 ± 1.1 (98.1 ± 9.6)
SIL 1195 880 91.4 ± 4.1 20.4 ± 2.0 (179 ± 17.5)
UFS 2650 735 339 ± 12 69.0 ± 5.5 (604 ± 48.2)

Literatur:

  1. B. Wiegel and A.V. Alevra: NEMUS The PTB Neutron Multisphere Spectrometer: Bonner Spheres and More, Nucl. Instrum. Meth. A476, 36 41 (2002).
  2. A. Zimbal, A. Kasper, M. Reginatto, H. Schuhmacher and B. Wiegel: Measurements of Neutron Energy Spectra at Altitudes of 85 m, 1195 m and 2650 m, Contrib. to the 11th Neutron and Ion Dosimetry Symposium (NEUDOS-11), iThemba LABS, Cape Town, South Africa, 12 - 16 October 2009.
  3. D.S. Sivia, J. Skilling: Data Analysis - A Bayesian Tutorial, second ed. Oxford University Press, Oxford (2006).
  4. M. Reginatto: Bayesian approach for quantifying the uncertainty of neutron doses derived from spectrometric measurements, Radiat. Prot. Dosim. 120, 64-69 (2006).
  5. M. Reginatto, P. Goldhagen, and S. Neumann: Spectrum unfolding, sensitivity analysis and propagation of uncertainties with the maximum entropy deconvolution code MAXED, Nucl. Instr. And Meth. A476, 242-246 (2002).
  6. ICRP, International Commission on Radiological Protection, 1997. Conversion coefficients for use in radiological protection against external radiation. ICRP Publication 74. Annals of the ICRP Volume 26/3, Pergamon Press, Oxford.

Ansprechpartner:
B. Wiegel, Fachbereich 6.5, Arbeitsgruppe 6.53,
E-mail: burkhard.wiegel@ptb.de


© Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Erstellt am: 04.01.2010, letzte Änderung: 29.07.2010, Webmaster Abt. 6