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USA erwägen den Einsatz von Atomwaffen

US-Medien berichten über detaillierte Pläne für Krieg gegen Iran. Pentagon uneins, Generäle drohen mit Rücktritt

BERLIN afp/taz Die USA haben US-Medienberichten zufolge mit detaillierten Planungen von Angriffen auf den Iran begonnen und erwägen dabei auch den Einsatz von atomaren Waffen. Im Visier der Pentagon-Strategen seien vor allem Nuklearanlagen wie die zur Urananreicherung in Natans, schreibt der angesehene Journalist Seymour Hersh im Magazin The New Yorker. Die Washington Post berichtete gestern, Experten des Geheimdienstes CIA und des Verteidigungsministeriums prüften mögliche Ziele. Teheran bezeichnete die Berichte als "psychologische Kriegsführung".

Hersh schreibt, die Planungen schlössen einen möglichen Einsatz von nuklearen bunkerbrechenden Bomben gegen die unterirdische Atomanlage in Natans ein. Ein Pentagon-Berater habe berichtet, das Weiße Haus betrachte einen Regimewechsel im Iran als "einzigen Weg zur Lösung des Problems - und das bedeutet Krieg".

Einige Militärs hätten aber erhebliche Bedenken gegen den Plan geäußert, atomare "Bunker Buster"-Bomben auf die Urananreicherungsanlage in Natans zu werfen. Mehrere Offiziere hätten sogar mit Rücktritt gedroht. Bush habe in den vergangenen Wochen bereits eine Reihe vertraulicher Gespräche mit bedeutenden Kongressabgeordneten geführt, darunter mindestens ein Mitglied der oppositionellen Demokraten, berichtet der New Yorker. Der Präsident und seine Berater hielten den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad für einen potenziellen zweiten Adolf Hitler, wurde ein ehemaliger ranghoher US-Geheimdienstvertreter zitiert.

Auch die Washington Post berichtete von Angriffsplanungen. Es gehe dabei um eine Option, nicht um einen Angriff in naher Zukunft, hieß es unter Berufung auf CIA- und Pentagonstrategen. Zu den möglichen Zielen gehöre neben Natans auch die Anlage zur Urankonversion in Isfahan. Erwogen würden begrenzte Luftangriffe bis hin zu einer umfangreichen Bombardierung militärischer und Verwaltungsziele. Militärexperten seien jedoch skeptisch, weil mit Angriffen maximal eine Verzögerung des iranischen Atomprogramms erreichbar sei - zum Preis für ein schlagartiges Anschwellen des Hasses auf die USA in der islamischen Welt.

Der iranische Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi bezeichnete die Berichte als "psychologische Kriegsführung" als Ausdruck der "Wut" und der "Schwäche" der US-Regierung.

Ein iranischer Atom-Unterhändler sagte der Nachrichtenagentur Irna, der Chef der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed al-Baradei, werde dieser Tage zu einem regulären Besuch in Teheran eintreffen. Al-Baradei wolle dem Iran klarmachen, was IAEA und UN-Sicherheitsrat von ihm erwarten, hatte am Freitag ein IAEA-Diplomat gesagt. wg

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taz Nr. 7944 vom 10.4.2006, Seite 9, 93 TAZ-Bericht wg

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